Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen gleicher Art, die nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten geschuldet werden. Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats über die Kürzung, das Ruhen oder die Entziehung einer Leistung. Nationale Rechtsvorschriften, die aufgrund einer gesetzlichen Vermutung Zeiten anerkennen, soweit für diese kein Rentenanspruch im Rahmen eines anderen Systems gegeben ist
Normenkette
Verordnung Nr.
Beteiligte
Rijksdienst voor Pensioenen |
Tenor
Eine innerstaatliche Bestimmung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, wonach bei einem Arbeitnehmer, der in dieser Eigenschaft in der Zeit vom 1. Januar 1938 bis zum 1. Januar 1945 eine Tätigkeit ausgeübt hat, für die aufgrund eines Systems der sozialen Sicherheit des betreffenden Staates ein Mindestbetrag an Beiträgen geleistet wurde, davon auszugehen ist, daß er ausreichende Beitragszahlungen geleistet hat, um damit eine regelmäßige, hauptberufliche Beschäftigung für den gesamten Zeitraum zwischen dem Tag, an dem die nachgewiesene Beschäftigung geendet hat, und dem 1. Januar 1946 nachzuweisen, wonach diese Vermutung jedoch nicht für die Beschäftigungszeiten gilt, für die der Betroffene aufgrund eines Systems eines anderen Staates eine Rente bezieht, ist keine Kürzungs-, Ruhens- oder Entziehungsbestimmung im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1248/92 des Rates vom 30. April 1992 geänderten Fassung.
Gründe
1.
Die Arbeidsrechtbank Brügge hat mit Beschluß vom 22. Dezember 1997, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Dezember 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1248/92 des Rates vom 30. April 1992 (ABl. L 136, S. 7) geänderten Fassung (im folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Van Coile (im folgenden: Kläger) und dem Rijksdienst voor Pensioenen (RVP) über die Feststellung einer Altersrente.
Gemeinschaftsrecht
3.
Artikel 46 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:
„(1)
Sind die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats auch ohne Anwendung des Artikels 45 [Berücksichtigung weiterer Versicherungs- oder Wohnzeiten] und des Artikels 40 Absatz 3 [Leistungen bei Invalidität] erfüllt, so gilt folgendes:
a)
Der zuständige Träger berechnet den Leistungsbetrag, der wie folgt geschuldet würde:
i)
allein nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften,
ii) …”
4.
Durch die Verordnung Nr. 1248/92 wurde in die Verordnung Nr. 1408/71 u. a. ein Artikel 46b eingefügt, der besondere Bestimmungen für das Zusammentreffen von Leistungen gleicher Art, die nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten geschuldet werden, enthält. Artikel 46b Absatz 2 sieht vor:
„Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats über die Kürzung, das Ruhen oder die Entziehung einer Leistung dürfen auf eine nach Artikel 46 Absatz 1 Buchstabe a) Ziffer i) berechnete Leistung nur dann angewandt werden, wenn es sich
a)
um eine Leistung handelt, deren Höhe von der Dauer der zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten unabhängig ist und die in Anhang IV Teil D aufgeführt ist, oder
b)
um eine Leistung handelt, deren Höhe aufgrund einer fiktiven Zeit bestimmt wird, die als zwischen dem Eintritt des Versicherungsfalls und einem späteren Zeitpunkt zurückgelegt betrachtet wird. In diesem letzteren Fall finden die genannten Vorschriften Anwendung bei Zusammentreffen einer solchen Leistung
i)
mit einer Leistung gleichen Typs, außer wenn ein Abkommen zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten zur Vermeidung einer zwei- oder mehrfachen Berücksichtigung der gleichen fiktiven Zeit geschlossen wurde, oder
ii)
mit einer Leistung der in Buchstabe a) genannten Art.
Die unter b) genannten Leistungen und Abkommen sind in Anhang IV Teil D aufgeführt. „
5.
Die Änderungen der Verordnung Nr. 1408/71 durch die Verordnung Nr. 1248/92 betrafen die Grenzen der Anwendung der nationalen Antikumulierungsvorschriften, ließen aber die Regelung im Grundsatz unberührt (Urteil vom 22. Oktober 1998 in der Rechtssache C-143/97, Conti, Slg. 1998, I-6365, Randnr. 19).
Die belgischen Rechtsvorschriften
6.
Im Ausgangsrechtsstreit geht es um die Anwendung von Artikel 32ter der Königlichen Verordnung vom 21. Dezember 1967 über die allgemeine Regelung der Alters- und der Hinterbliebenenrente für Arbeitnehmer in der durch die Königliche Verordnung vom 5. April 1976 geänderten Fassung (Moniteur belge ...