Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Geistiges Eigentum. Dem Urheberrecht verwandte Schutzrechte. Öffentliche Wiedergabe eines audiovisuellen Werks, in das ein Tonträger oder ein Vervielfältigungsstück eines Tonträgers eingefügt wurde. Einzige angemessene Vergütung
Normenkette
Richtlinie 92/100/EWG Art. 8 Abs. 2; Richtlinie 2006/115/EG Art. 8 Abs. 2
Beteiligte
Atresmedia Corporación de Medios de Comunicación |
Atresmedia Corporación de Medios de Comunicación SA |
Asociación de Gestión de Derechos Intelectuales (AGEDI) |
Artistas Intérpretes o Ejecutantes, Sociedad de Gestión de España (AIE) |
Tenor
Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100/EWG des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums und Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums sind dahin auszulegen, dass die in diesen Bestimmungen vorgesehene einzige angemessene Vergütung vom Nutzer nicht zu zahlen ist, wenn er eine öffentliche Wiedergabe einer audiovisuellen Aufzeichnung vornimmt, die die Festlegung eines audiovisuellen Werks enthält, in das ein Tonträger oder ein Vervielfältigungsstück eines Tonträgers eingefügt wurde.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) mit Entscheidung vom 13. Februar 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Februar 2019, in dem Verfahren
Atresmedia Corporación de Medios de Comunicación SA
gegen
Asociación de Gestión de Derechos Intelectuales (AGEDI),
Artistas Intérpretes o Ejecutantes, Sociedad de Gestión de España (AIE)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter M. Ilešič (Berichterstatter), E. Juhász, C. Lycourgos und I. Jarukaitis,
Generalanwalt: E. Tanchev,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2020,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Atresmedia Corporación de Medios de Comunicación SA, vertreten durch C. Aguilar Fernández, L. J. Vidal Calvo und M. González Gordon, abogados,
- der Asociación de Gestión de Derechos Intelectuales (AGEDI), vertreten durch J. J. Marín López, abogado,
- der Artistas Intérpretes o Ejecutantes, Sociedad de Gestión de España (AIE), vertreten durch A. López Sánchez, abogado,
- der spanischen Regierung, zunächst vertreten durch A. Rubio González, dann durch S. Jiménez García als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier und J. Samnadda als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Juli 2020
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100/EWG des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. 1992, L 346, S. 61) und Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. 2006, L 376, S. 28).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Atresmedia Corporación de Medios de Comunicación SA (im Folgenden: Atresmedia) – einem Unternehmen, das mehrere Fernsehsender besitzt – auf der einen Seite und der Asociación de Gestión de Derechos Intelectuales (AGEDI) sowie der Artistas Intérpretes o Ejecutantes, Sociedad de Gestión de España (AIE) – Organisationen, die die Rechte des geistigen Eigentums von Tonträgerherstellern bzw. von ausübenden Künstlern verwalten – auf der anderen Seite über die Frage, ob Atresmedia eine einzige angemessene Vergütung dafür zahlen muss, dass sie über die von ihr betriebenen Fernsehsender audiovisuelle Werke ausgestrahlt hat, in die Tonträger eingefügt worden waren.
Rechtlicher Rahmen
Völkerrecht
Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge
Rz. 3
Art. 31 Abs. 2 Buchst. a des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (United Nations Treaty Series, Bd. 1155, S. 331) bestimmt:
„Für die Auslegung eines Vertrags bedeutet der Zusammenhang außer dem Vertragswortlaut samt Präambel und Anlagen
a) jede sich auf den Vertrag beziehende Übereinkunft, die zwischen allen Vertragsparteien anlässlich des Vertragsabschlusses getroffen wurde;
…”
Abkommen von Rom
Rz. 4
Die Europäische Union ist – anders als alle ihre Mitgliedstaaten mit Ausnahme der Republik Malta – nicht Vertragspartei des am 26. Oktober 1961 in Rom geschlossenen Internationalen Abkommens über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern un...