Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinsame Agrarpolitik. Gebühren für veterinär- und hygienerechtliche Kontrollen. Richtlinie 85/73/EWG
Beteiligte
Tenor
1. Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchst. a der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen nach den Richtlinien 89/662/EWG, 90/425/EWG, 90/675/EWG und 91/496/EWG in der durch die Richtlinie 96/43/EG des Rates vom 26. Juni 1996 geänderten und kodifizierten Fassung ist dahin auszulegen, dass er es den Mitgliedstaaten nicht erlaubt, von der in diesem Anhang A Kapitel I Nrn. 1 und 2 Buchst. a vorgesehenen Gebührenstruktur abzuweichen und eine Gebühr zu erheben, deren Satz nach der Größe der Betriebe und degressiv nach der Zahl der geschlachteten Tiere innerhalb einer Tierart gestaffelt ist.
Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchst. b der Richtlinie 85/73 in der durch die Richtlinie 96/43 geänderten und kodifizierten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat dann nicht zur Beachtung der in den Nrn. 1 und 2 Buchst. a dieses Kapitels vorgesehenen Tarife verpflichtet ist und eine Gebühr erheben kann, die nach der Größe des Betriebs und der Zahl der geschlachteten Tiere innerhalb einer Tierart gestaffelt ist, wenn feststeht, dass diese Faktoren sich tatsächlich auf die Kosten auswirken, die für die Durchführung der in den einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts vorgeschriebenen veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen tatsächlich anfallen.
2. Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchst. a der Richtlinie 85/73 in der durch die Richtlinie 96/43 geänderten und kodifizierten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat für die Untersuchung von Tieren, die auf Verlangen des Eigentümers außerhalb der normalen Schlachtzeiten geschlachtet werden, einen „prozentualen Zuschlag” zu den für die Untersuchung von Tieren normalerweise erhobenen Gebühren erheben kann, wenn es sich bei diesem Zuschlag um einen pauschalen Wert handelt, der den zusätzlichen zu deckenden Kosten entspricht.
Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchst. b der Richtlinie 85/73 in der durch die Richtlinie 96/43 geänderten und kodifizierten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat für die Untersuchung von Tieren, die auf Verlangen des Eigentümers außerhalb der normalen Schlachtzeiten geschlachtet werden, einen „prozentualen Zuschlag” zu den für die Untersuchung von Tieren normalerweise erhobenen Gebühren erheben kann, wenn dies den zusätzlichen tatsächlichen Kosten entspricht.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 13. Juni 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Juli 2007, in dem Verfahren
Baumann GmbH
gegen
Land Hessen
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter M. ilešič, A. Borg Barthet, E. Levits und J.-J. Kasel (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: K. Sztranc-Sławiczek, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. September 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Baumann GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte L. Liebenau und M. Stephani,
- des Landes Hessen, vertreten durch H. Nebel als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Erlbacher und M. Vollkommer als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen nach den Richtlinien 89/662/EWG, 90/425/EWG, 90/675/EWG und 91/496/EWG (ABl. L 32, S. 14) in der durch die Richtlinie 96/43/EG des Rates vom 26. Juni 1996 (ABl. L 162, S. 1) geänderten und kodifizierten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 85/73) sowie des Anhangs A Kapitel I Nr. 4 Buchst. a dieser Richtlinie.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Baumann GmbH (im Folgenden: Baumann) und dem Land Hessen über die Berechnung der für veterinär- und hygienerechtliche Kontrollen von frischem Fleisch anfallenden Gebühren.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 3
Art. 1 der Richtlinie 85/73 sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten tragen nach Maßgabe des Anhangs A dafür Sorge, dass für die Kosten, die durch die Untersuchungen und Kontrollen der Erzeugnisse im Sinne des vorgenannten Anhangs einschließlich derjenigen zur Gewährleistung des Schutzes der Tiere in den Schlachthöfen im Einklang mit den Anforderungen der Richtlinie 93/119/EWG entstehen, eine Gemeinschaftsgebühr erhoben wird.”
Rz. 4
Art. 5 Abs. 1, 3 und 4 der Richtlinie 85/73 lautet:
„(1) Die Gemeinschaftsgebühren werden in der Weise festgelegt, dass sie folgende Kosten decken, die die z...