Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Markenrecht. Nachträgliche Feststellung der Ungültigkeit oder des Verfalls einer Marke. Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen für den Verfall oder die Ungültigkeit vorliegen müssen. Unionsmarke. Inanspruchnahme des Zeitrangs einer älteren nationalen Marke. Wirkungen dieser Inanspruchnahme auf die ältere nationale Marke
Normenkette
Richtlinie 2008/95/EG Art. 14; Verordnung (EG) Nr. 207/2009 Art. 34 Abs. 2
Beteiligte
Peek & Cloppenburg KG, Hamburg |
Peek & Cloppenburg KG, Düsseldorf |
Tenor
Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken in Verbindung mit Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die [Unions]marke ist dahin auszulegen, dass er einer Auslegung des nationalen Rechts entgegensteht, nach der die Ungültigkeit oder der Verfall einer älteren nationalen Marke, deren Zeitrang für eine Unionsmarke in Anspruch genommen wird, nachträglich nur dann festgestellt werden kann, wenn die Voraussetzungen für die Ungültigkeit oder den Verfall nicht nur zum Zeitpunkt des Verzichts auf die ältere nationale Marke oder ihres Erlöschens, sondern auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellungsentscheidung vorlagen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 23. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 24. März 2017, in dem Verfahren
Peek & Cloppenburg KG, Hamburg
gegen
Peek & Cloppenburg KG, Düsseldorf
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Zweiten Kammer, der Richterinnen C. Toader und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Peek & Cloppenburg KG, Hamburg, vertreten durch Rechtsanwälte M. Petersenn und A. von Mühlendahl,
- der Peek & Cloppenburg KG, Düsseldorf, vertreten durch Rechtsanwälte P. Lange, A. Auler und M. Wenz,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, É. Gippini Fournier und T. Scharf als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 14 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2008, L 299, S. 25) und von Art. 34 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die [Unions]marke (ABl. 2009, L 78, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Peek & Cloppenburg KG, Hamburg (im Folgenden: P & C Hamburg) und der Peek & Cloppenburg KG, Düsseldorf (im Folgenden: P & C Düsseldorf) über die nachträgliche Feststellung der Ungültigkeit von nationalen Marken, deren Inhaberin P & C Hamburg war und auf die diese zuvor verzichtet hatte.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2008/95
Rz. 3
Der fünfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/95 lautet:
„Die vorliegende Richtlinie sollte den Mitgliedstaaten das Recht belassen, die durch Benutzung erworbenen Marken weiterhin zu schützen; diese Marken sollten lediglich in ihrer Beziehung zu den durch Eintragung erworbenen Marken berücksichtigt werden.”
Rz. 4
Art. 1 dieser Richtlinie bestimmt:
„Diese Richtlinie findet auf Individual-, Kollektiv-, Garantie- und Gewährleistungsmarken für Waren oder Dienstleistungen Anwendung, die in einem Mitgliedstaat oder beim Benelux-Amt für geistiges Eigentum eingetragen oder angemeldet oder mit Wirkung für einen Mitgliedstaat international registriert worden sind.”
Rz. 5
Art. 12 „Verfallsgründe”) der Richtlinie sieht in seinem Abs. 1 vor:
„Eine Marke wird für verfallen erklärt, wenn sie innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.
Der Verfall einer Marke kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung des Antrags auf Verfallserklärung die Benutzung der Marke ernsthaft begonnen oder wieder aufgenommen worden ist.
Wird die Benutzung innerhalb eines nicht vor Ablauf des ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren der Nichtbenutzung beginnenden Zeitraums von drei Monaten vor Stellung des Antrags auf Verfallserklärung begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmal...