Entscheidungsstichwort (Thema)
Binnenmarkt. Richtlinie 98/34/EG. Normen und technische Vorschriften. Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften. Spielautomaten mit niedrigem Gewinn. Verbot der Änderung, der Verlängerung und der Ausstellung der Erlaubnisse für die Durchführung. Begriff ‚technische Vorschrift’
Beteiligte
Dyrektor Izby Celnej w Gdyni |
Tenor
Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft in der durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass nationale Bestimmungen wie jene des Glücksspielgesetzes (Ustawa o grach hazardowich) vom 19. November 2009, welche die Durchführung von Automatenspielen mit niedrigen Gewinnen an anderen Orten als in Kasinos und Spielsalons beschränken oder sogar allmählich unmöglich machen können, „technische Vorschriften” im Sinne dieser Bestimmung darstellen können, deren Entwürfe nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie übermittelt werden müssen, sofern feststeht, dass die genannten Bestimmungen Vorschriften darstellen, welche die Art oder die Vermarktung des betreffenden Erzeugnisses wesentlich beeinflussen können, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Wojewódzki Sąd Administracyjny w Gdańsku (Polen) mit Entscheidungen vom 16. November 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 9. bzw. 11. Mai 2011, in den Verfahren
Fortuna sp. z o.o. (C-213/11),
Grand sp. z o.o.(C-214/11),
Forta sp. z o.o.(C-217/11)
gegen
Dyrektor Izby Celnej w Gdyni,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters J. Malenovský, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter G. Arestis (Berichterstatter) und D. Šváby,
Generalanwalt: N. Jääskinen,
Kanzler: K. Sztranc-Sławiczek, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Fortuna sp. z o.o., der Grand sp. z o.o. und der Forta sp. z o.o., vertreten durch K. Budnik, adwokat,
- der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar, B. Majczyna und D. Lutostańska als Bevollmächtigte,
- der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck und M. Jacobs als Bevollmächtigte im Beistand von P. Vlaemminck und R. Verbeke, advocaten,
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und A. P. Barros als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Zavvos und K. Herrmann als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung des Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204, S. 37) in der durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. L 363, S. 81) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 98/34).
Rz. 2
Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Fortuna sp. z o.o. (im Folgenden: Fortuna), der Grand sp. z o.o. (im Folgenden: Grand) und der Forta sp. z o.o. (im Folgenden: Forta) einerseits und dem Dyrektor Izby Celnej w Gdyni (Direktor der Zollkammer Gdyni, im Folgenden: DZG) andererseits wegen dessen Weigerung, die Erlaubnisse für die Aufnahme und Ausübung einer Tätigkeit im Bereich der Automatenspiele mit niedrigen Gewinnen, je nach Fall, zu erteilen oder zu verlängern.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 1 Nrn. 1 bis 5 und 11 der Richtlinie 98/34 bestimmt:
„Für diese Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:
1. ‚Erzeugnis’: Erzeugnisse, die gewerblich hergestellt werden, und landwirtschaftliche Erzeugnisse, einschließlich Fischprodukte;
2. ‚Dienst’: eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d. h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung.
3. ‚technische Spezifikation’: Spezifikation, die in einem Schriftstück enthalten ist, das Merkmale für ein Erzeugnis vorschreibt, wie Qualitätsstufen, Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit oder Abmessungen, einschließlich der Vorschriften über Verkaufsbezeichnung, Terminologie, Symbole, Prüfungen und Prüfverfahren, Verpackung, Kennzeichnung und Beschriftung des Erzeugnisses sowie über Konformitätsbewertungsverfahren.
…
4. ‚sonstige Vorschrift’: eine Vorschrift für ein Erzeugnis, die keine technische Spezifikation ist und insbesondere zum Schutz der Verbraucher oder der Umwelt erlassen wird un...