Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen. Nicht ordnungsgemäße und nicht vollständige Umsetzung
Normenkette
Richtlinie 2009/41/EG
Beteiligte
Tenor
1. Die Republik Polen hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2009/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen verstoßen, dass sie Art. 3 Abs. 3, Art. 7, Art. 8 Abs. 2 und 3, Art. 9 Abs. 2 Buchst. a und Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 sowie Abs. 3 und 4 dieser Richtlinie nicht umgesetzt hat.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Europäische Kommission und die Republik Polen tragen jeweils ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 6. Juni 2011,
Europäische Kommission, vertreten durch L. Pignataro-Nolin und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna und M. Szpunar als Bevollmächtigte,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Dritten Kammer M. Ilešič in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer, des Richters M. Safjan und der Richterin M. Berger (Berichterstatterin),
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass die Republik Polen dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2009/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen (ABl. L 125, S. 75) verstoßen hat, dass sie Art. 2 Buchst. a, b und d bis f, Art. 3 Abs. 3, Art. 4 Abs. 3, die Art. 6 bis 9 Abs. 1 und 2 Buchst. a, Art. 10 Abs. 3 und 4, Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 sowie Abs. 3 und 4 sowie Anhang V Teil A vierter Gedankenstrich, Teil B erster Gedankenstrich und Teil C erster Gedankenstrich dieser Richtlinie nicht oder nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 2
Gemäß Art. 2 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 2003, L 236, S. 33, im Folgenden: Beitrittsakte) waren die Verträge und die vor dem Beitritt erlassenen Rechtsakte der Organe der Europäischen Union für die Republik Polen ab dem 1. Mai 2004, dem Zeitpunkt ihres Beitritts, verbindlich.
Rz. 3
Nach Art. 54 der Beitrittsakte setzen die neuen Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen in Kraft, um den Richtlinien und Entscheidungen vom Tag des Beitritts an nachzukommen, sofern in den in Art. 24 dieser Akte genannten Anhängen oder in anderen Bestimmungen dieser Akte oder ihrer Anhänge nicht eine andere Frist vorgesehen ist. Da weder in dem die Republik Polen betreffenden und in Art. 24 der Beitrittsakte angeführten Anhang XII dieser Akte noch in anderen sich auf diesen Mitgliedstaat beziehenden Bestimmungen der Beitrittsakte spezielle, die Richtlinien 90/219/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen (ABl. L 117, S. 1) und 98/81/EG des Rates vom 26. Oktober 1998 zur Änderung der Richtlinie 90/219/EWG (ABl. L 330, S. 13) betreffende Vorschriften enthalten sind, war die Republik Polen verpflichtet, diese Richtlinien bis zum Tag ihres Beitritts umzusetzen.
Rz. 4
Die Richtlinie 90/219 legte gemeinsame Maßnahmen für die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen fest, mit denen die menschliche Gesundheit und die Umwelt geschützt werden sollten.
Rz. 5
Diese Richtlinie wurde durch die Richtlinie 98/81 geändert.
Rz. 6
Die Richtlinie 90/219 in der durch die Richtlinie 98/81 geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 90/219 in geänderter Fassung) wurde durch die am 10. Juni 2009 in Kraft getretene Richtlinie 2009/41 aufgehoben und ersetzt.
Rz. 7
Nach den Definitionen in Art. 2 der Richtlinie 2009/41, der mit Art. 2 der Richtlinie 90/219 in geänderter Fassung übereinstimmt, bezeichnet der Ausdruck
„…
a) ‚Mikroorganismus’ jede zelluläre oder nichtzelluläre mikrobiologische Einheit, die zur Vermehrung oder zur Weitergabe von genetischem Material fähig ist; hierzu zählen Viren, Viroide sowie tierische und pflanzliche Zellkulturen;
b) ‚genetisch veränderter Mikroorganismus’ (GVM) einen Mikroorganismus, dessen genetisches Material in einer Weise verändert word...