Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Geltungsbereich. Klage auf deliktischen Schadensersatz gegen die Mitglieder eines Gläubigerausschusses, die einen Sanierungsplan in einem Insolvenzverfahren abgelehnt haben
Normenkette
Verordnung (EU) Nr. 1215/2012
Beteiligte
Waldviertler Sparkasse Bank AG |
Československá obchodná banka a.s |
Tenor
Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass diese Bestimmung auf eine deliktische Schadensersatzklage anzuwenden ist, die gegen Mitglieder eines Gläubigerausschusses wegen ihres Verhaltens bei einer Abstimmung über einen Sanierungsplan in einem Insolvenzverfahren erhoben worden ist, und dass eine solche Klage folglich vom sachlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 30. November 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Dezember 2016, in dem Verfahren
Peter Valach,
Alena Valachová,
SC Europa SC ZV II a.s.,
SC Europa LV a.s.,
VAV Parking a.s.,
SC Europa BB a.s.,
Byty A s.r.o.
gegen
Waldviertler Sparkasse Bank AG,
Československá obchodná banka a.s.,
Stadt Banská Bystrica
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter J.-C. Bonichot, A. Arabadjiev, S. Rodin und E. Regan,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Valach, Frau Valachová, der SC Europa ZV II a.s., der SC Europa LV a.s., der VAV Parking a.s., SC Europa BB a.s. und der Byty A s.r.o., vertreten durch Rechtsanwältin Z. Nötstaller,
- der Waldviertler Sparkasse Bank AG, der Československá obchodná banka a.s. und der Stadt Banská Bystrica, vertreten durch Rechtsanwältin S. Fruhstorfer,
- der spanischen Regierung, vertreten durch M. J. García-Valdecasas Dorrego als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wilderspin und M. Heller als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Peter Valach, Frau Alena Valachová, der SC Europa ZV II a.s., der SC Europa LV a.s., der VAV Parking a.s., der SC Europa BB a.s. und der Byty A s.r.o. einerseits und der Waldviertler Sparkasse Bank AG, der Československá obchodná banka a.s. und der Stadt Banská Bystrica andererseits wegen einer Klage auf deliktischen Schadensersatz aufgrund der Ablehnung eines Sanierungsplans in einem Insolvenzverfahren über die VAV invest s.r.o.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 1215/2012
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 10 und 34 der Verordnung Nr. 1215/2012 heißt es:
„(10) Der sachliche Anwendungsbereich dieser Verordnung sollte sich, von einigen genau festgelegten Rechtsgebieten abgesehen, auf den wesentlichen Teil des Zivil- und Handelsrechts erstrecken. …
…
(34) Um die Kontinuität zwischen dem … Übereinkommen [vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der durch die nachfolgenden Übereinkommen über den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zu diesem Übereinkommen geänderten Fassung (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen)], der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 [des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1)] und dieser Verordnung zu wahren, sollten Übergangsvorschriften vorgesehen werden. Dies gilt auch für die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens … und der es ersetzenden Verordnungen durch den Gerichtshof der Europäischen Union.”
Rz. 4
Art. 1 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung bestimmt:
„Sie ist nicht anzuwenden auf:
…
b) Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren”.
Verordnung (EG) Nr. 1346/2000
Rz. 5
In den Erwägungsgründen 4, 6 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (ABl. 2000, L 160, S. 1) heißt es:
„(4) Im Interesse eines ordnungsgemäßen Funktionierens des B...