Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Steuerrecht. Mehrwertsteuer. Steuerbare Umsätze. Vergütungen für die öffentliche Wiedergabe von Musikwerken. Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte. Einziehung dieser Vergütungen beim Endnutzer in ihrem Namen und für Rechnung der Rechteinhaber
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 24 Abs. 1, Art. 25 Buchst. a, Art. 28
Beteiligte
UCMR – ADA Asociaţia pentru Drepturi de Autor a Compozitorilor |
Asociaţia culturală „Suflet de Român” |
Verfahrensgang
Înalta Curte de Casaţieşi Justiţie (Rumänien) (Beschluss vom 22.02.2019; ABl. EU 2019, Nr. C 372/10) |
Tenor
1. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2010/88/EU des Rates vom 7. Dezember 2010 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Inhaber von Urheberrechten an Musikwerken eine entgeltliche Dienstleistung an einen Veranstalter von Darbietungen als Endnutzer erbringt, wenn dieser gegen Zahlung von Vergütungen, die von einer benannten – im eigenen Namen, aber für Rechnung des Rechteinhabers handelnden – Verwertungsgesellschaft eingezogen werden, die nicht ausschließliche Lizenz zur öffentlichen Wiedergabe dieser Werke erhält.
2. Art. 28 der Richtlinie 2006/112/EG in der durch die Richtlinie 2010/88 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Verwertungsgesellschaft, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Inhaber von Urheberrechten an Musikwerken Vergütungen einzieht, die diesen als Gegenleistung für die Erlaubnis zur öffentlichen Wiedergabe ihrer geschützten Werke zustehen, als „Steuerpflichtiger” im Sinne dieser Vorschrift handelt und daher zu behandeln ist, als ob sie diese Dienstleistung von den Rechteinhabern erhalten und sie anschließend selbst an die Endnutzer erbracht hätte. In einem solchen Fall ist die Verwertungsgesellschaft verpflichtet, dem Endnutzer Rechnungen in ihrem Namen auszustellen, in denen die von ihm eingezogenen Vergütungen einschließlich Mehrwertsteuer ausgewiesen sind. Die Rechteinhaber sind ihrerseits verpflichtet, der Verwertungsgesellschaft Rechnungen auszustellen, die die Mehrwertsteuer für die im Rahmen der erhaltenen Vergütungen erbrachte Leistung ausweisen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Înalta Curte de Casaţie şi Justiţie (Oberster Kassations- und Gerichtshof, Rumänien) mit Entscheidung vom 22. Februar 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Juni 2019, in dem Verfahren
UCMR – ADA Asociaţia pentru Drepturi de Autor a Compozitorilor
gegen
Asociaţia culturală „Suflet de Român”, vertreten durch ihren Liquidator, Pro Management Insolv IPURL,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal (Berichterstatterin), der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Dritten Kammer, der Richter N. Wahl und F. Biltgen sowie der Richterin L. S. Rossi,
Generalanwalt: J. Richard de la Tour,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der UCMR – ADA Asociaţia pentru Drepturi de Autor a Compozitorilor, vertreten durch A. Achim,
- der rumänischen Regierung, ursprünglich vertreten durch C.-R. Canţăr, R. Haţieganu und A. Rotăreanu, dann durch E. Gane, A. Rotăreanu und R. Haţieganu als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und A. Armenia als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 1. Oktober 2009
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 24 Abs. 1, Art. 25 Buchst. a und Art. 28 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2010/88/EU des Rates vom 7. Dezember 2010 (ABl. 2010, L 326, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der UCMR – ADA Asociaţia pentru Drepturi de Autor a Compozitorilor (UCMR – ADA Vereinigung für Urheberrechte, im Folgenden: UCMR-ADA) und der gegenwärtig in Liquidation befindlichen Asociaţia Culturală „Suflet de Român” (Kulturvereinigung „Rumänische Seele”, im Folgenden: Vereinigung) über die Mehrwertsteuerpflicht einer Zahlung von Vergütungen, die die Vereinigung der UCMR-ADA für die öffentliche Wiedergabe von Musikwerken während einer von der Vereinigung organisierten Veranstaltung schuldet.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 2 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:
…
c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt;
…”
Rz. 4
Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:
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