Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwelt. Richtlinie 92/43/EWG. Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Richtlinie 79/409/EWG. Erhaltung der wildlebenden Vogelarten. Besondere Schutzgebiete, die zum europäischen ökologischen Netz Natura 2000 gehören. Richtlinien 2009/28/EG und 2001/77/EG. Erneuerbare Energiequellen. Nationale Regelung. Verbot der Errichtung von nicht zur Eigennutzung bestimmten Windenergieanlagen. Keine Umweltverträglichkeitsprüfung des Projekts
Beteiligte
Azienda Agro-Zootecnica Franchini Sarl |
Azienda Agro-Zootecnica Franchini Sarl |
Tenor
Die Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, die Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, die Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt und die Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung nicht entgegenstehen, die die Errichtung nicht zur Eigennutzung bestimmter Windenergieanlagen in zum europäischen ökologischen Netz Natura 2000 gehörenden Gebieten ohne vorherige Prüfung der ökologischen Auswirkungen des Projekts auf das spezifisch betroffene Gebiet verbietet, sofern die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit gewahrt sind.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale amministrativo regionale per la Puglia (Italien) mit Entscheidung vom 23. September 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Januar 2010, in dem Verfahren
Azienda Agro-Zootecnica Franchini Sarl,
Eolica di Altamura Srl
gegen
Regione Puglia
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter J.-J. Kasel, A. Borg Barthet, M. Ilešič (Berichterstatter) und E. Levits,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Februar 2011,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Azienda Agro-Zootecnica Franchini Sarl und der Eolica di Altamura Srl, vertreten durch S. Profeta und C. Rucireta, avvocati,
- der Regione Puglia, vertreten durch L. A. Clarizio, L. Francesconi und M. Liberti, avvocati,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch K. Herrmann und D. Recchia als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. April 2011
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. L 140, S. 16, im Folgenden: Richtlinie 2009/28), der Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. L 283, S. 33), der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7, im Folgenden: Habitatrichtlinie) und der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 103, S. 1, im Folgenden: Vogelschutzrichtlinie).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Azienda Agro-Zootecnica Franchini Sarl (im Folgenden: Azienda Agro-Zootecnica Franchini) und der Eolica di Altamura Srl (im Folgenden: Eolica di Altamura) einerseits und der Regione Puglia (Region Apulien) andererseits über die Weigerung, die Errichtung nicht zur Eigennutzung bestimmter Windenergieanlagen auf Grundstücken, die zum Nationalpark Alta Murgia gehören, einem als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (im Folgenden: GGB) sowie als besonderes Schutzgebiet (im Folgenden: BSG) ausgewiesenen Schutzgebiet, das zum europäischen ökologischen Netz Natura 2000 gehört, zu genehmigen, obwohl keine vorherige Prüfung der ökologischen Auswirkungen des Projekts auf das spezifisch betroffene Gebiet durchgeführt worden war.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Vogelschutzrichtlinie
Rz. 3
Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Gebiete, die den in diesen Bestimmungen festgelegten ornithologischen Kriterien entsprechen, zu besonderen Schutzgebieten zu erklären.
Rz. 4
Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigu...