Entscheidungsstichwort (Thema)

Zigaretten. Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr. Bekämpfung von Steuermissbrauch Steuermissbrauch. Mengenmäßige Beschränkung des Inverkehrbringens von Zigaretten. Verbrauchsteuersatz

 

Normenkette

AEUV Art. 34, 36; Richtlinie 2008/118/EG Art. 7, 9

 

Beteiligte

CDIL – Companhia de Distribuição Integral Logística Portugal S.A

Autoridade Tributária e Aduaneira

 

Verfahrensgang

Supremo Tribunal Administrativo (Portugal) (Beschluss vom 12.01.2022; ABl. EU 2022, Nr. C 198/24)

 

Tenor

1. Die Art. 34 und 36 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, die zur Bekämpfung von Steuerumgehungen und missbräuchlichen Verhaltensweisen sowie zum Schutz der öffentlichen Gesundheit vorsieht, dass die von einem Wirtschaftsteilnehmer in der Zeit vom 1. September bis 31. Dezember jedes Kalenderjahres monatlich in den steuerrechtlich freien Verkehr überführte Zigarettenmenge die durchschnittliche monatliche Menge an Zigaretten, die dieser Wirtschaftsteilnehmer in den vorangegangenen zwölf Monaten in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt hat, zuzüglich 10 % nicht überschreiten darf.

2. Die Art. 7 und 9 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG

sind dahin auszulegen, dass

sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der die Zigarettenmenge, die die in dieser Regelung vorgesehene Mengenbeschränkung für die Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr überschreitet, zu dem Verbrauchsteuersatz besteuert wird, der zu einem späteren Zeitpunkt als dem ihrer Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr gilt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supremo Tribunal Administrativo (Oberstes Verwaltungsgericht, Portugal) mit Entscheidung vom 12. Januar 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Februar 2022, in dem Verfahren

CDIL – Companhia de Distribuição Integral Logística Portugal S.A.

gegen

Autoridade Tributária e Aduaneira

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter Z. Csehi, M. Ilešič (Berichterstatter), I. Jarukaitis und D. Gratsias,

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: L. Carrasco Marco,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2023,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der CDIL – Companhia de Distribuição Integral Logística Portugal S.A., vertreten durch A. Moura Portugal und I. Teixeira, Advogados,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch P. Barros da Costa, A. Rodrigues und N. Vitorino als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Björkland, I. Melo Sampaio und F. Thiran als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Juni 2023

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 34 AEUV sowie der Art. 7 und 9 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. 2009, L 9, S. 12).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der CDIL – Companhia de Distribuição Integral Logística Portugal S.A. (im Folgenden: CDIL) und der Autoridade Tributária e Aduaneira (Steuer- und Zollbehörde, Portugal) über eine Nacherhebung der Verbrauchsteuern, die CDIL wegen der Überführung von Zigaretten in den steuerrechtlich freien Verkehr in Portugal schuldet.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2008/118

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 2, 8, 9 und 31 der Richtlinie 2008/118 hieß es:

„(2) Um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten, müssen die Voraussetzungen für die Erhebung von Verbrauchsteuern auf Waren, die der Richtlinie 92/12/EWG [des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. 1992, L 76, S. 1)] unterliegen (nachstehend ‚verbrauchsteuerpflichtige Waren’ genannt), harmonisiert bleiben.

(8) Da es nach wie vor für ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich ist, dass der Begriff der Verbrauchsteuer und die Voraussetzungen für die Entstehung des Verbrauchsteueranspruchs in allen Mitgliedstaaten gleich sind, muss auf Gemeinschaftsebene klargestellt werden, zu welchem Zeitpunkt die Überführung der verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr erfolgt und wer der Verbrauchsteuerschuldner ist.

(9) Da die Verbrauchsteuer auf den Verbrauch bestimmter Waren erhoben wird, sollte sie nicht auf Waren erhoben werden, die unter bestimmten Umständen zerstört wurden oder unwiederbringlich verloren gegangen sind.

(31) Mitgliedstaaten sollte es erlaubt sein festzulegen, dass in den steuerrechtlich freien Verkehr überführte Waren mit Steuerzeichen oder mit nationalen Erkennungszeichen versehen sind. Die Verwendung sol...

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