Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Freier Warenverkehr. Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen. Maßnahmen gleicher Wirkung. In einem Drittstaat gemäß den niederländischen Rechtsvorschriften punzierte Edelmetalle. Einfuhr in die Tschechische Republik nach Überführung in den freien Verkehr. Verweigerung der Anerkennung der Punze. Verbraucherschutz. Verhältnismäßigkeit. Zulässigkeit

 

Normenkette

AEUV Art. 34

 

Beteiligte

Kommission / Tschechische Republik

Europäische Kommission

Tschechische Republik

 

Tenor

1. Die Tschechische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 34 AEUV verstoßen, dass sie sich geweigert hat, die Punzen der Garantiestelle WaarborgHolland anzuerkennen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Europäische Kommission, die Tschechische Republik und die Französische Republik tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 20. November 2014,

Europäische Kommission, vertreten durch P. Němečková, E. Manhaeve und G. Wilms als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek, T. Müller, J. Vláčil und J. Očková als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch:

Französische Republik, vertreten durch D. Colas und R. Coesme als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richterin C. Toader, des Richters A. Rosas, der Richterin A. Prechal und des Richters E. Jarašiunas (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Februar 2016,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Mai 2016

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission festzustellen, dass die Tschechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 34 AEUV verstoßen hat, dass sie sich geweigert hat, bestimmte niederländische Punzen, insbesondere die Punzen der Garantiestelle WaarborgHolland (im Folgenden: Punzen von WaarborgHolland), anzuerkennen.

Vorverfahren und Verfahren vor dem Gerichtshof

Rz. 2

Da sie der Ansicht war, dass die Praxis des Puncovní úrad (Punzierungsamt bzw. Garantiestelle, Tschechische Republik, im Folgenden: tschechische Garantiestelle), sich zu weigern, die Punzen von WaarborgHolland, einer unabhängigen Garantiestelle mit Sitz in den Niederlanden und Zweigniederlassungen in Drittstaaten, anzuerkennen und demzufolge die Anbringung einer zusätzlichen tschechischen Punze auf den betreffenden Edelmetallen zu verlangen, gegen Art. 34 AEUV verstoße, forderte die Kommission die Tschechische Republik mit Mahnschreiben vom 30. September 2011 auf, ihre Stellungnahme abzugeben.

Rz. 3

In ihrem Antwortschreiben vom 30. November 2011 bestritt die Tschechische Republik nicht, dass sie diese Punzen nicht anerkenne. Jedoch trug sie im Wesentlichen vor, die vorliegende Rechtssache falle unter den freien Dienstleistungsverkehr und nicht unter den freien Warenverkehr und die Weigerung der Anerkennung sei dadurch gerechtfertigt, dass es unmöglich sei, zu unterscheiden, welche dieser Punzen außerhalb des Gebiets der Europäischen Union und welche im Unionsgebiet angebracht worden seien.

Rz. 4

Nach Prüfung der Argumente der Tschechischen Republik in diesem Schreiben richtete die Kommission am 30. Mai 2013 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die Tschechische Republik, in der sie u. a. geltend machte, dass die Vorschriften des AEU-Vertrags über den freien Warenverkehr auf Erzeugnisse anwendbar seien, die in der Union im freien Verkehr seien, also auch auf aus Drittstaaten stammende Erzeugnisse, die entsprechend den Anforderungen des Art. 29 AEUV rechtmäßig in einen Mitgliedstaat eingeführt worden seien. Die Kommission forderte die Tschechische Republik auf, die Maßnahmen zu treffen, die erforderlich seien, um Art. 34 AEUV innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung der mit Gründen versehenen Stellungnahme nachzukommen.

Rz. 5

In ihrem Schreiben vom 23. Juli 2013 blieb die Tschechische Republik bei ihrem Standpunkt und hob u. a. hervor, dass die Ablehnung der Anerkennung der Punzen von WaarborgHolland durch die Notwendigkeit des Verbraucherschutzes gerechtfertigt sei. Da diese Antwort die Kommission nicht zufriedenstellte, hat sie beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.

Rz. 6

Mit Antragsschrift, die am 26. Februar 2015 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat die Französische Republik beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Tschechischen Republik zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 24. März 2015 hat der Präsident des Gerichtshofs diesem Antrag stattgegeben.

Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

Rz. 7

Im Anschluss an die Verlesung der Schlussanträge des Generalanwalts hat ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge