Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Zuständigkeit sowie Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Verordnung (EG) Nr. 44/2001. Besondere Zuständigkeiten. Art. 5 Nr. 1 Buchst. a und b zweiter Gedankenstrich. Begriff der Erbringung von Dienstleistungen. Einräumung von Rechten des geistigen Eigentums
Beteiligte
Falco Privatstiftung und Rabitsch |
Tenor
1. Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass ein Vertrag, mit dem der Inhaber eines Rechts des geistigen Eigentums seinem Vertragspartner das Recht zu dessen Nutzung gegen Entgelt einräumt, kein Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne dieser Bestimmung ist.
2. Welches Gericht gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 für die Entscheidung über eine Klage auf Zahlung des Entgelts zuständig ist, das aufgrund eines Vertrags geschuldet wird, mit dem der Inhaber eines Rechts des geistigen Eigentums seinem Vertragspartner das Recht zu dessen Nutzung einräumt, ist weiterhin nach den Grundsätzen zu beurteilen, die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 5 Nr. 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der durch das Übereinkommen vom 26. Mai 1989 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik geänderten Fassung ergeben.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach den Art. 68 EG und 234 EG, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 13. November 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 29. November 2007, in dem Verfahren
Falco Privatstiftung,
Thomas Rabitsch
gegen
Gisela Weller-Lindhorst
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts (Berichterstatter) sowie der Richter T. von Danwitz, E. Juhász, G. Arestis und J. Malenovský,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2008, unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Falco Privatstiftung und von Herrn Rabitsch, vertreten durch Rechtsanwalt M. Walter,
- von Frau Weller-Lindhorst, vertreten durch Rechtsanwalt T. Wallentin,
- der deutschen Regierung, vertreten durch J. Kemper und M. Lumma als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch C. Gibbs als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A.-M. Rouchaud-Joët und S. Grünheid als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 27. Januar 2009
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Nr. 1 Buchst. a und b zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Falco Privatstiftung mit Sitz in Wien (Österreich) und des Herrn Rabitsch, wohnhaft in Wien (Österreich), gegen Frau Weller-Lindhorst, wohnhaft in München (Deutschland), bei dem es zum einen um die Erfüllung eines Vertrags geht, mittels dessen die Kläger des Ausgangsverfahrens der Beklagten des Ausgangsverfahrens das Recht eingeräumt haben, in Österreich, Deutschland und der Schweiz Videoaufnahmen von einem Konzert in den Verkehr zu bringen, und zum anderen um das Inverkehrbringen von Tonaufnahmen dieses Konzerts ohne vertragliche Grundlage.
Rechtlicher Rahmen
Brüsseler Übereinkommen
Rz. 3
Art. 5 Nr. 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der durch das Übereinkommen vom 26. Mai 1989 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik (ABl. L 285, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) bestimmt:
„Eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden:
- wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre …”
Verordnung Nr. 44/2001
Rz. 4
Der zweite Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001 lautet:
„Die Unterschiede zwischen bestimmten einzelstaatlichen Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und d...