Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Marken. Zurückweisung der Anmeldung oder Ungültigkeit der Eintragung. Dreidimensionale Marke. Zeichen, das ausschließlich aus der Form der Ware besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist. Zeichen, das aus der Form besteht, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Berücksichtigung der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise
Normenkette
Richtlinie 2008/95/EG Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii; Richtlinie 2008/95/EG Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii
Beteiligte
Gömböc Kutató, Szolgáltató és Kereskedelmi Kft |
Szellemi Tulajdon Nemzeti Hivatala |
Tenor
1. Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass, um zu klären, ob ein Zeichen ausschließlich aus der Form der Ware besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, nicht lediglich die grafische Darstellung dieses Zeichens heranzuziehen ist. Andere Informationen als seine bloße grafische Darstellung, wie die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise, können genutzt werden, um die wesentlichen Merkmale des betreffenden Zeichens zu ermitteln. Dagegen können Informationen, die sich nicht aus der grafischen Darstellung des Zeichens ergeben, zwar berücksichtigt werden, um zu bestimmen, ob diese Merkmale einer technischen Funktion der betreffenden Ware entsprechen; diese Informationen müssen jedoch aus objektiven und verlässlichen Quellen stammen und dürfen nicht die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise einschließen.
2. Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii der Richtlinie 2008/95 ist dahin auszulegen, dass die Wahrnehmung oder die Kenntnis der maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich der Ware, die durch ein Zeichen grafisch dargestellt wird, das ausschließlich aus der Form dieser Ware besteht, berücksichtigt werden kann, um ein wesentliches Merkmal dieser Form zu ermitteln. Das in dieser Bestimmung enthaltene Eintragungshindernis ist anwendbar, wenn aus objektiven und verlässlichen Gesichtspunkten hervorgeht, dass die Entscheidung der Verbraucher, die betreffende Ware zu kaufen, in sehr großem Maß durch dieses Merkmal bestimmt wird.
3. Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii der Richtlinie 2008/95 ist dahin auszulegen, dass das in dieser Bestimmung vorgesehene Eintragungshindernis nicht systematisch auf ein Zeichen anzuwenden ist, das ausschließlich aus der Form der Ware besteht, wenn das Zeichen musterrechtlich geschützt ist oder wenn es ausschließlich aus der Form eines dekorativen Gegenstands besteht.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Kúria (Oberster Gerichtshof, Ungarn) mit Entscheidung vom 6. Februar 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 19. März 2019, in dem Verfahren
Gömböc Kutató,Szolgáltató és Kereskedelmi Kft.
gegen
Szellemi Tulajdon Nemzeti Hivatala
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter I. Jarukaitis, E. Juhász, M. Ilešič und C. Lycourgos (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Gömböc Kutató, Szolgáltató és Kereskedelmi Kft., vertreten durch Á. M. László und A. Cserny, ügyvédek,
- der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und R. Kissné Berta als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Havas, É. Gippini Fournier und J. Samnadda als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii und iii der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2008, L 299, S. 25).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gömböc Kutató, Szolgáltató és Kereskedelmi Kft. (im Folgenden: Gömböc Kft.) und dem Szellemi Tulajdon Nemzeti Hivatala (Nationales Amt für geistiges Eigentum, Ungarn) (im Folgenden: Amt), wegen der Zurückweisung der von der Gömböc Kft. eingereichten Anmeldung einer dreidimensionalen Marke als nationale Marke.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 98/71/EG
Rz. 3
Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (ABl. 1998, L 289, S. 28) bestimmt:
„Ein Muster wird durch ein Musterrecht geschützt, wenn es neu ist und Eigenart hat.”
Rz. 4
Art. 5 der Richtlinie 98/71 lautet:
„(1) Ein Muster hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes M...