Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen. Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen. In Anhang A aufgeführtes Formblatt. Abschnitt J. Fehlen von Rechtsbehelfen im Anordnungsmitgliedstaat

 

Normenkette

RL 2014/41/EU Art. 5 Abs. 1

 

Beteiligte

Gavanozov

Ivan Gavanozov

 

Tenor

Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen in Verbindung mit Abschnitt J des Formblatts in Anhang A dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass die Justizbehörde eines Mitgliedstaats beim Erlass einer Europäischen Ermittlungsanordnung in diesem Abschnitt nicht die Rechtsbehelfe beschreiben muss, die gegebenenfalls in ihrem Mitgliedstaat gegen den Erlass einer solchen Anordnung vorgesehen sind.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Spetsializiran nakazatelen sad (Sondergericht für Strafsachen, Bulgarien) mit Entscheidung vom 23. Mai 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Mai 2017, in dem Strafverfahren gegen

Ivan Gavanozov

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot sowie der Richter M. Safjan und L. Bay Larsen (Berichterstatter),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und A. Brabcová als Bevollmächtigte,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér, G. Koós und R. Kissné Berta als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und J. Langer als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Eberhard als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Troosters und I. Zaloguin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. April 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 4, Art. 6 Abs. 1 Buchst. a und Art. 14 der Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen (ABl. 2014, L 130, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Herrn Ivan Gavanozov, der angeklagt wird, eine kriminelle Organisation zu leiten und Steuerstraftaten begangen zu haben.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 21, 22 und 38 der Richtlinie 2014/41 lauten wie folgt:

„(21) Zur Gewährleistung einer raschen, effektiven und kohärenten Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in Strafsachen ist es erforderlich, Fristen zu setzen. Die Entscheidung über die Anerkennung oder Vollstreckung sowie die eigentliche Durchführung der Ermittlungsmaßnahme sollten genauso rasch und vorrangig wie in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall erfolgen. Mit dem Setzen von Fristen soll sichergestellt werden, dass eine Entscheidung oder Vollstreckung innerhalb eines angemessenen Zeitraums erfolgt oder Verfahrenszwängen im Anordnungsstaat Rechnung getragen wird.

(22) Die Rechtsbehelfe gegen eine EEA sollten zumindest den Rechtsbehelfen gleichwertig sein, die in einem innerstaatlichen Fall gegen die betreffende Ermittlungsmaßnahme zur Verfügung stehen. Die Mitgliedstaaten sollten gemäß ihrem nationalen Recht die Anwendbarkeit dieser Rechtsbehelfe sicherstellen, auch indem sie alle Betroffenen rechtzeitig über die Möglichkeiten und Modalitäten zur Einlegung der Rechtsbehelfe belehren. …

(38) Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen zur Erlangung von Beweismitteln von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann …”

Rz. 4

Art. 1 Abs. 4 dieser Richtlinie lautet:

„Diese Richtlinie berührt nicht die Verpflichtung zur Achtung der Grundrechte und der Rechtsgrundsätze, die in Artikel 6 EUV verankert sind, einschließlich der Verteidigungsrechte von Personen, gegen die ein Strafverfahren geführt wird; die Verpflichtungen der Justizbehörden in dieser Hinsicht bleiben unberührt.”

Rz. 5

Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der genannten Richtlinie sieht vor:

„Die in dem Formblatt in Anhang A wiedergegebene EEA wird von der Anordnungsbehörde ausgefüllt und unterzeichnet; die Anordnungsbehörde bestätigt ferner die Genauigkeit und inhaltliche Richtigkeit der in der EEA enthaltenen Angaben.”

Rz. 6

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

„Die Anordnungsbehörde darf nur dann eine EEA erlassen, wenn die die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a) Der Erlass der EEA ist für die Zwecke der Verfahren nach Artikel 4 unter Berücksichtigung der Rechte der verdächtigen oder beschuldigten Person notwendig und verhältnismäßig und

…”

Rz. 7

Art. 14 der Richtlinie 2014/41 lautet wie folgt:

„(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass gegen die in der EEA angegebenen Ermittlungsmaßnahmen Rechtsbehelfe eingelegt werden können, die den Rechtsbehelfen gle...

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