Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige. Anspruchsvoraussetzungen für die Einkommensbeihilfe. Gewöhnlicher Aufenthalt. Recht auf Freizügigkeit
Normenkette
EGVtr Art. 48 (jetzt Art. 39 EG)
Beteiligte
Tenor
Es verstößt gegen Artikel 10a in Verbindung mit Artikel 1 Buchstabe h der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der geänderten und aktualisierten Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983, geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1247/92 des Rates vom 30. April 1992, daß ein Mitgliedstaat eine unter Artikel 10a der Verordnung Nr. 1408/71 fallende Leistung im Falle eines Arbeitnehmers, der von seinem Recht auf Freizügigkeit dadurch Gebrauch gemacht hat, daß er sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben hat, in dem er gearbeitet und seinen gewöhnlichen Aufenthalt genommen hat, und der anschließend in seinen Herkunftsmitgliedstaat, in dem seine Familie wohnt, zurückgekehrt ist, um dort Arbeit zu suchen, vom dortigen gewöhnlichen Aufenthalt abhängig macht, wenn dieser neben der Absicht des Wohnens auch eine beträchtliche Zeit des Wohnens voraussetzt.
Gründe
1.
Der Social Security Commissioner hat mit Beschluß vom 25. Februar 1997, beim Gerichtshof eingegangen am 3. März 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage zur Auslegung des Artikels 48 EG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen dem britischen Staatsangehörigen Swaddling und dem Adjudication Officer über die Gewährung von Einkommensbeihilfe (Income Support) nach britischem Recht für die Zeit vom 5. Januar bis 3. März 1995.
Nationales Recht
3.
Section 124 (1) des Social Security Contributions and Benefits Act 1992 (Gesetz von 1992 über die Abgaben und Leistungen der sozialen Sicherheit; Act 1992) lautet:
„(1)
Eine Person in Großbritanien hat Anspruch auf Einkommensbeihilfe, wenn
(a)
sie mindestens 18 oder in bestimmten Umständen und für einen bestimmten Zeitraum mindestens 16 Jahre ist oder Section 125 (1) auf sie Anwendung findet;
(b)
sie kein Einkommen hat oder ihr Einkommen den maßgeblichen Betrag nicht übersteigt;
(c)
sie nicht in bezahlter Arbeit steht und, falls sie Teil eines verheirateten oder unverheirateten Paares ist, der andere Teil in keiner solchen Arbeit steht; und
(d)
sie – von bestimmten Ausnahmen abgesehen -
(i)
zur Arbeit zur Verfügung steht und sich aktiv um solche bemüht;
(ii)
sie keine einschlägige Ausbildung erhält. „
4.
Nach Section 134 (1) des Act 1992 hat keinen Anspruch auf Einkommensbeihilfe, wessen Vermögen einen bestimmten Betrag übersteigt.
5.
Die Income Support (General) Regulations 1987 (Allgemeine Verordnung von 1987 über Einkommensbeihilfe) in ihrer entscheidungserheblichen Fassung (Regulations 1987) enthält Bestimmungen u. a. über die Definition von Einkommen und Vermögen, über die Berechnung des „maßgeblichen Betrags” und darüber, wer die Anspruchsvoraussetzungen in Section 124 (1) des Act 1992 erfüllt.
6.
Für Gebietsfremde sieht Regulation 21 (1) der Regulations 1987 einen „maßgeblichen Betrag” von 0 vor. Wer gebietsfremd ist, wird in Regulation 21 (3) der Regulations 1987 definiert. Mit Wirkung vom 1. August 1994 wurde folgende Definition eingefügt:
„Gebietsfremder' ist auch der Antragsteller, der im Vereinigten Königreich, der Republik Irland, den Kanalinseln und der Insel Man keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; insoweit wird jedoch ein Antragsteller nicht als keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich habend behandelt, der
(a)
Arbeitnehmer im Sinne der Verordnungen (EWG) Nr. 1612/68 des Rates oder (EWG) Nr. 1251/70 des Rates oder eine Person ist, die kraft der
Richtlinien Nr. 68/360/EWG des Rates oder Nr. 73/148/EWG des Rates ein Aufenthaltsrecht im Vereinigten Königreich hat; oder
(b)
Flüchtling im Sinne der Definition in Artikel 1 des Genfer Flüchtlingsübereinkommens vom 28. Juli 1951 ist, wie sie mit Artikel 1 Absatz 2 des Protokolls über den Status der Flüchtlinge, unterzeichnet in New York am 31. Januar 1967, erweitert wurde; oder
(c)
eine Person ist, der der Secretary of State ausnahmsweise Erlaubnis zum Verbleiben im Vereinigten Königreich erteilt hat. „
Gemeinschaftsrecht
7.
Artikel 4 Absatz 2a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der geänderten und aktualisierten Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6), geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1247/92 des Rates vom 30. April 1992 (ABl. L 136, S. 1; Verordnung Nr. 1408/71) lautet:
„Diese Verordnung gilt auch für beitragsunabhängige ...