Entscheidungsstichwort (Thema)
System zur Überwachung der bovinen spongiformen Enzephalopathie. Verordnung (EG) Nr. 999/2001. Mehr als 30 Monate alte Rinder. Schlachtung unter normalen Bedingungen. Fleisch für den menschlichen Verzehr. Zwangstest. Nationale Regelung. Untersuchungspflicht. Ausweitung. Mehr als 24 Monate alte Rinder
Beteiligte
Tenor
Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien und Anhang III Kapitel A Teil I dieser Verordnung in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1248/2001 der Kommission vom 22. Juni 2001 geänderten Fassung stehen einer nationalen Regelung, wonach alle über 24 Monate alten Rinder Untersuchungen auf bovine spongiforme Enzephalopathie unterzogen werden müssen, nicht entgegen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 25. September 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Dezember 2008, in dem Verfahren
Müller Fleisch GmbH
gegen
Land Baden-Württemberg
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, der Richterin P. Lindh sowie der Richter U. Lõhmus (Berichterstatter), A. Ó Caoimh und A. Arabadjiev,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Müller Fleisch GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt A. Kiefer,
- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und N. Vitzthum als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Erlbacher und G. von Rintelen als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (ABl. L 147, S. 1) und des Anhangs III Kapitel A Teil I dieser Verordnung in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1248/2001 der Kommission vom 22. Juni 2001 (ABl. L 173, S. 12) geänderten Fassung.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Müller Fleisch GmbH (im Folgenden: Müller Fleisch) und dem Land Baden-Württemberg über die Erhebung von Gebühren für die im Betrieb von Müller Fleisch im Juli 2001 vorgenommenen Untersuchungen an Schlachtrindern auf bovine spongiforme Enzephalopathie (im Folgenden: BSE).
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 3
Die Verordnung Nr. 999/2001 wurde auf der Grundlage von Art. 152 Abs. 4 Buchst. b EG erlassen. Ihrem zweiten Erwägungsgrund zufolge sollen mit ihr angesichts des Ausmaßes der gesundheitlichen Gefährdung von Mensch und Tier durch bestimmte transmissible spongiforme Enzephalopathien (im Folgenden: TSE), darunter BSE, spezifische Vorschriften zu deren Verhütung, Kontrolle und Tilgung erlassen werden.
Rz. 4
Art. 6 dieser Verordnung („Überwachungssystem”) sieht in Abs. 1 Unterabs. 1 vor:
„Jeder Mitgliedstaat führt nach den Kriterien des Anhangs III Kapitel A jährlich ein BSE- und Scrapie-Überwachungsprogramm durch. Zu diesem Programm gehört ein Screening-Verfahren unter Anwendung der Schnelltests.”
Rz. 5
In der ursprünglichen Fassung der Verordnung Nr. 999/2001 waren in Anhang III Kapitel A Teil I „Mindestanforderungen an ein Programm zur Überwachung von BSE bei Rindern” festgelegt. Für die Zwecke des Überwachungsprogramms war u. a. die Auswahl bestimmter Teilgesamtheiten von mehr als 30 Monate alten Rindern vorgesehen, einschließlich derer, die in normaler Weise für den menschlichen Verzehr geschlachtet worden sind.
Rz. 6
Teil III („Überwachung von Tieren mit erhöhtem Risiko”) dieses Kapitels A enthielt die folgende Bestimmung:
„Zusätzlich zu den Überwachungsprogrammen in den Teilen I und II können die Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis eine gezielte TSE-Überwachung von Tieren durchführen, bei denen ein erhöhtes Risiko besteht, wie:
- Tiere aus Ländern mit einheimischer TSE,
- Tiere, die potenziell kontaminiertes Futter aufgenommen haben,
- Tiere, die von TSE-infizierten Muttertieren geboren wurden oder abstammen.”
Rz. 7
Die Erwägungsgründe 2 und 7 der Verordnung Nr. 1248/2001 lauten:
„(2) Angesichts der Tatsache, dass bei zwei 28 Monate alten Rindern im Rahmen von Routineuntersuchungen notgeschlachteter Tiere bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE) festgestellt wurde, und um ein Frühwarnsystem für das Auftreten ungünstiger Trends der BSE-Inzidenz bei jüngeren Tieren einzurichten, sollte die Altersgrenze bei Tieren, die bestimmten Risikogruppen angehören, auf 24 ...