Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Wettbewerb. Kartelle. Pharmazeutische Erzeugnisse. Markt für Antidepressiva (Citalopram). Vereinbarungen zur gütlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten über Verfahrenspatente, die der Hersteller des Originalpräparats und Inhaber der Patente mit Generikaherstellern schließt. Potenzieller Wettbewerb. Bezweckte Beschränkung. Einstufung. Berechnung der Geldbuße. Verteidigungsrechte. Angemessene Dauer. Verlust von Dokumenten durch Zeitablauf. Allgemeine Sorgfaltspflicht. Obergrenze der Geldbuße. Berücksichtigung des Geschäftsjahrs, das dem, in dem der Beschluss der Europäischen Kommission erlassen wurde, unmittelbar vorausgegangen ist. Letztes vollständiges Geschäftsjahr mit einer normalen Geschäftstätigkeit
Normenkette
AEUV Art. 101; Verordnung (EG) Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2
Beteiligte
Xellia Pharmaceuticals und Alpharma / Kommission |
Xellia Pharmaceuticals ApS |
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Xellia Pharmaceuticals ApS und die Alpharma LLC tragen ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission.
3. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt seine eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 25. November 2016,
Xellia Pharmaceuticals ApS mit Sitz in Kopenhagen (Dänemark),
Alpharma LLC, vormals Zoetis Products LLC, mit Sitz in Parsippany, New Jersey (Vereinigte Staaten),
Prozessbevollmächtigter: D. W. Hull, Solicitor,
Rechtsmittelführerinnen,
andere Parteien des Verfahrens:
[Berichtigt durch Beschluss vom 3. September 2021] Europäische Kommission, vertreten durch F. Castilla Contreras, T. Vecchi, B. Mongin und C. Vollrath als Bevollmächtigte im Beistand von B. Rayment, Barrister,
Beklagte im ersten Rechtszug,
unterstützt durch:
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, zunächst vertreten durch D. Guðmundsdóttir, Z. Lavery und D. Robertson als Bevollmächtigte im Beistand von J. Holmes, QC, dann durch D. Guðmundsdóttir als Bevollmächtigte im Beistand von J. Holmes, QC,
Streithelfer im Rechtsmittelverfahren,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richter D. Šváby (Berichterstatter) und S. Rodin, der Richterin K. Jürimäe und des Richters P. G. Xuereb,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Aleksejev, Referatsleiter, C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2019,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel begehren die Xellia Pharmaceuticals ApS und die Alpharma LLC die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 8. September 2016, Xellia Pharmaceuticals und Alpharma/Kommission (T-471/13, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2016:460), mit dem ihre Klage auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses C(2013) 3803 final der Europäischen Kommission vom 19. Juni 2013 in einem Verfahren nach Art. 101 [AEUV] und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39226 – Lundbeck) (im Folgenden: streitiger Beschluss) sowie auf Herabsetzung der mit diesem Beschluss gegen sie verhängten Geldbuße abgewiesen wurde.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung (EG) Nr. 1/2003
Rz. 2
Art. 17 („Untersuchung einzelner Wirtschaftszweige und einzelner Arten von Vereinbarungen”) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 und 102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) bestimmt in Abs. 1 Unterabs. 1:
„Lassen die Entwicklung des Handels zwischen Mitgliedstaaten, Preisstarrheiten oder andere Umstände vermuten, dass der Wettbewerb im [Binnenmarkt] möglicherweise eingeschränkt oder verfälscht ist, so kann die Kommission die Untersuchung eines bestimmten Wirtschaftszweigs oder – Sektor übergreifend – einer bestimmten Art von Vereinbarungen durchführen. Im Rahmen dieser Untersuchung kann die Kommission von den betreffenden Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen die Auskünfte verlangen, die zur Durchsetzung von Artikel [101 und 102 AEUV] notwendig sind, und die dazu notwendigen Nachprüfungen vornehmen.”
Rz. 3
Art. 21 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 bestimmt:
„Eine gemäß Absatz 1 getroffene Entscheidung kann nur mit der vorherigen Genehmigung des einzelstaatlichen Gerichts des betreffenden Mitgliedstaats vollzogen werden. Das einzelstaatliche Gericht prüft die Echtheit der Entscheidung der Kommission und dass die beabsichtigten Zwangsmaßnahmen weder willkürlich noch unverhältnismäßig sind – insbesondere gemessen an der Schwere der zur Last gelegten Zuwiderhandlung, der Wichtigkeit des gesuchten Beweismaterials, der Beteiligung des betreffenden Unternehmens und der begründeten Wahrscheinlichkeit, dass Bücher und Geschäftsunterlagen, d...