Entscheidungsstichwort (Thema)
Milchzusatzabgabe, Referenzmenge, Kumulierung
Leitsatz (amtlich)
Artikel 3a Absatz 3 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 1639/91 des Rates vom 13. Juni 1991 ist im Licht der für die Gewährung einer spezifischen Referenzmenge maßgebenden Grundsätze dahin auszulegen, daß einem Erzeuger, der über eine originäre Referenzmenge verfügt und zusätzlich vorläufig eine spezifische Referenzmenge erhalten hat, letztere ungeachtet der sonstigen erforderlichen Voraussetzungen nicht endgültig zugeteilt werden kann, wenn er sie nicht selbst zur Steigerung der bestehenden Milcherzeugung seines Betriebes verwendet hat. Das ist der Fall, wenn ein solcher Erzeuger seine originäre Referenzmenge verleast und Milch nur aufgrund seiner vorläufigen spezifischen Referenzmenge erzeugt.
Normenkette
EWGV 804/68 Art. 5c; EWGV 857/84 Art. 3a Abs. 3 S. 1
Beteiligte
Verfahrensgang
Tatbestand
Zusatzabgabe auf Milch - Originäre und spezifische Referenzmenge - Kumulierung - Endgültige Zuteilung einer spezifischen Referenzmenge - Voraussetzungen - Teilweise und vorübergehende Überlassung einer originären Referenzmenge vor der endgültigen Zuteilung einer spezifischen Referenzmenge
In der Rechtssache C-273/98
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Bundesfinanzhof (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Hans-Josef Schlebusch
gegen
Hauptzollamt Trier
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 3a Absatz 3 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984
über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 1639/91 des Rates vom 13. Juni 1991 (ABl. L 150, S. 35)
erläßt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten R. Schintgen sowie der Richter G. Hirsch (Berichterstatter) und V. Skouris,
Generalanwalt: G. Cosmas
Kanzler: R. Grass
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
-von H.-J. Schlebusch, vertreten durch Rechtsanwalt J. Lukanow, Euskirchen,
-der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Niejahr, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten,
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. Februar 2000,
folgendes
Urteil
1. Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluß vom 14. Mai 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Juli 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 1639/91 des Rates vom 13. Juni 1991 (ABl. L 150, S. 35)(im folgenden: streitige Bestimmung) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen H.-J. Schlebusch (Kläger), der in dem im Ausgangsverfahren fraglichen Zeitraum als Milcherzeuger tätig war, und dem Hauptzollamt Trier (Beklagter) wegen der endgültigen Zuteilung einer spezifischen Referenzmenge zusätzlich zur originären Referenzmenge.
Die gemeinschaftsrechtliche Regelung
3. Wegen der Überschüsse bei der Milcherzeugung in der Gemeinschaft erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 1078/77 vom 17. Mai 1977 zur Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände (ABl. L 131, S. 1). Nach dieser Verordnung wurde Erzeugern, die sich verpflichteten, während eines Zeitraums der Nichtvermarktung von fünf Jahren keine Milch oder Milcherzeugnisse zu vermarkten, eine Nichtvermarktungsprämie und Erzeugern, die sich verpflichteten, während eines Umstellungszeitraums von vier Jahren keine Milch oder Milcherzeugnisse zu vermarkten und ihren Milchkuhbestand auf einen Bestand zur Fleischerzeugung umzustellen, eine Umstellungsprämie gewährt.
4. Da es 1983 in der Milcherzeugung wieder zu einem Überschuß kam, führte der Rat mit seiner Verordnung (EWG) Nr. 856/84 vom 31. März 1984 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 10) eine Zusatzabgabe auf über eine bestimmte Referenzmenge hinaus gelieferte Milchmengen ein; diese Referenzmenge wurde für jeden Erzeuger oder Käufer im Rahmen der für jeden Mitgliedstaat geltenden Gesamtgarantiemenge festgelegt. Die von der Zusatzabgabe befreite Referenzmenge entspricht nach der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 der gemäß der vom Mitgliedstaat gewählten Formel im Referenzjahr von einem Erzeuger gelieferten od...