Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Zollunion. Erlass von Einfuhrabgaben. Einfuhr von Leinengewebe aus Lettland zwischen 1999 und 2002. Besonderer Fall. Überwachungs- und Kontrollpflichten. Geltend gemachte Bestechlichkeit der Zollbehörden. Unechte Verkehrsbescheinigung. Gegenseitiges Vertrauen

 

Normenkette

Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 Art. 239

 

Beteiligte

Kommission / Combaro

Europäische Kommission

Combaro SA

 

Tenor

1. Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 19. Juli 2017, Combaro/Kommission (T-752/14, EU:T:2017:529), wird aufgehoben.

2. Die Klage der Combaro SA wird abgewiesen.

3. Die Combaro SA trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 28. September 2017,

Europäische Kommission, vertreten durch A. Caeiros und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Combaro SA mit Sitz in Lausanne (Schweiz), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt D. Ehle,

Klägerin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen (Berichterstatter) sowie der Richter J. Malenovský, M. Safjan, D. Šváby und M. Vilaras,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 19. Juli 2017, Combaro/Kommission (T-752/14, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2017:529), mit dem dieses den Beschluss C(2014) 4908 final der Kommission vom 16. Juli 2014 zur Feststellung, dass in einem bestimmten Fall der Erlass der Einfuhrabgaben nicht gerechtfertigt ist (REM 05/2013) (im Folgenden: streitiger Beschluss), für nichtig erklärt hat.

Rechtlicher Rahmen

Assoziierungsabkommen

Rz. 2

Art. 34 des Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Lettland andererseits (ABl. 1998, L 26, S. 3, im Folgenden: Assoziierungsabkommen) lautete:

„Protokoll Nr. 3 [über die Bestimmung des Begriffs ‚Erzeugnisse mit Ursprung in’ oder ‚Ursprungserzeugnisse’ und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen] enthält die Ursprungsregeln für die Gewährung der in diesem Abkommen vorgesehenen Zollpräferenzen und die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen auf diesem Gebiet.”

Rz. 3

Die Art. 16 und 17 des Protokolls Nr. 3 über die Bestimmung des Begriffs „Erzeugnisse mit Ursprung in” oder „Ursprungserzeugnisse” und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen in der Fassung des Beschlusses Nr. 4/98 des Assoziationsrates zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Lettland andererseits vom 2. Dezember 1998 über die Annahme der Änderungen des Protokolls Nr. 3 zu dem Europa-Abkommen gemäß dem Beschluss Nr. 1/97 des Gemischten Ausschusses im Rahmen des Abkommens über Freihandel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl einerseits und der Republik Lettland andererseits (ABl. 1999, L 6, S. 10) (im Folgenden: Protokoll Nr. 3) sahen vor, dass Ursprungserzeugnisse Lettlands die Begünstigungen des Assoziierungsabkommens erhalten, sofern eine von den Zollbehörden des Ausfuhrlands erteilte Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 vorgelegt wird.

Rz. 4

Art. 31 Abs. 2 dieses Protokolls bestimmte:

„Um die ordnungsgemäße Durchführung dieses Protokolls zu gewährleisten, leisten die Gemeinschaft und Lettland einander durch ihre Zollverwaltungen Amtshilfe bei der Prüfung der Echtheit der Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 …”

Rz. 5

Art. 32 („Prüfung der Ursprungsnachweise”) des Protokolls schrieb in den Abs. 1, 3 und 5 vor:

„(1) Eine nachträgliche Prüfung der Ursprungsnachweise erfolgt stichprobenweise oder immer dann, wenn die Zollbehörden des Einfuhrlandes begründete Zweifel an der Echtheit des Papiers, der Ursprungseigenschaft der betreffenden Erzeugnisse oder der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen dieses Protokolls haben.

(3) Die Prüfung wird von den Zollbehörden des Ausfuhrlandes durchgeführt. Diese sind berechtigt, zu diesem Zweck die Vorlage von Beweismitteln zu verlangen und jede Art von Überprüfung der Buchführung des Ausführers oder sonstige von ihnen für zweckdienlich erachtete Kontrollen durchzuführen.

(5) Das Ergebnis dieser Prüfung ist den Zollbehörden, die die Prüfung beantragt haben, so bald wie möglich mitzuteilen. Anhand dieses Ergebnisses muss sich eindeutig feststellen lassen, ob die Nachweise echt sind und ob die Waren als Ursprungserzeugnisse … Lettlands … angesehen werden können und die übrigen Voraussetzungen dieses Protokolls ...

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