Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Verarbeitung personenbezogener Daten und Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation. Begriff ‚elektronische Post’. Begriff der ‚Verwendung elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung’. Unlautere Geschäftspraktiken. Begriff des ‚hartnäckigen und unerwünschten Ansprechens über E-Mail’. Werbenachrichten. Inbox advertising

 

Normenkette

Richtlinie 2002/58/EG Art. 2 Abs. 2 Buchst. H, Art. 13 Abs. 1; Richtlinie 2005/29/EG Anhang I Nr. 26

 

Beteiligte

StWL Städtische Werke Lauf a.d. Pegnitz

StWL Städtische Werke Lauf a. d. Pegnitz GmbH

eprimo GmbH

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.01.2022; Aktenzeichen I ZR 25/19)

 

Tenor

1. Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Einblendung von Werbenachrichten in der Inbox eines Nutzers eines E-Mail-Dienstes in einer Form, die der einer tatsächlichen E-Mail ähnlich ist, und an derselben Stelle wie eine solche E-Mail, eine „Verwendung … elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung” im Sinne dieser Bestimmung darstellt, ohne dass die Bestimmung der Empfänger dieser Nachrichten nach dem Zufallsprinzip oder die Belastung, die dem Nutzer auferlegt wird, insoweit von Bedeutung sind, da diese Verwendung nur unter der Voraussetzung gestattet ist, dass der Nutzer klar und präzise über die Modalitäten der Verbreitung solcher Werbung, namentlich in der Liste der empfangenen privaten E-Mails, informiert wurde und seine Einwilligung, solche Werbenachrichten zu erhalten, für den konkreten Fall und in voller Kenntnis der Sachlage bekundet hat.

2. Anhang I Nr. 26 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist dahin auszulegen ist, dass ein Vorgehen, das darin besteht, in der Inbox eines Nutzers eines E-Mail-Dienstes Werbenachrichten in einer Form, die der einer tatsächlichen E-Mail ähnlich ist, und an derselben Stelle wie eine solche E-Mail einzublenden, unter den Begriff des „hartnäckigen und unerwünschten Ansprechens” der Nutzer von E-Mail-Diensten im Sinne dieser Bestimmung fällt, wenn die Einblendung dieser Werbenachrichten zum einen so häufig und regelmäßig war, dass sie als „hartnäckiges Ansprechen” eingestuft werden kann, und zum anderen bei Fehlen einer von diesem Nutzer vor der Einblendung erteilten Einwilligung als „unerwünschtes Ansprechen” eingestuft werden kann.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 30. Januar 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Februar 2020, in dem Verfahren

StWL Städtische Werke Lauf a. d. Pegnitz GmbH

gegen

eprimo GmbH,

Beteiligte:

Interactive Media CCSP GmbH,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin der Zweiten Kammer A. Prechal in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, der Richter J. Passer und F. Biltgen, der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin) und des Richters N. Wahl,

Generalanwalt: J. Richard de la Tour,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der eprimo GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt R. Hall,
  • der Interactive Media CCSP GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte D. Frey und M. Rudolph,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, A. Guerra und P. Barros da Costa als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Hödlmayr, F. Wilman, N. Ruiz García und S. Kaleda als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Juni 2021

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. h und Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. 2002, L 201, S. 37) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. 2009, L 337, S. 11) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2002/58) sowie von Anhang I Nr. 26 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäis...

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