Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Unterscheidung der Höhe der Versicherungsprämie nach dem Gebiet, in dem das Fahrzeug betrieben wird
Normenkette
Richtlinie 90/232/EWG Art. 2
Beteiligte
„BTA Insurance Company” SE |
Tenor
Art. 2 der Dritten Richtlinie 90/232/EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung in der durch die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Prämie, die sich abhängig davon ändert, ob das versicherte Fahrzeug ausschließlich im Gebiet des Mitgliedstaats betrieben werden soll, in dem es seinen gewöhnlichen Standort hat, oder im gesamten Gebiet der Union, nicht dem Begriff „einzige Prämie” im Sinne dieser Vorschrift entspricht.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Lietuvos Aukščiausiasis Teismas (Litauen) mit Entscheidung vom 17. Oktober 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Oktober 2013, in dem Verfahren
„Litaksa” UAB
gegen
„BTA Insurance Company” SE
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin), der Richter J. Malenovský und M. Safjan sowie der Richterin A. Prechal,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der UAB „Litaksa”, vertreten durch D. Gintautas, advokatas,
- der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriaučiūnas und A. Svinkūnaitė als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Steiblytė und K.-P. Wojcik als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 der Dritten Richtlinie 90/232/EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (ABl. L 129, S. 33) in der durch die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 (ABl. L 149, S. 14) geänderten Fassung (im Folgenden: Dritte Richtlinie), der Grundsätze der Freizügigkeit und des freien Warenverkehrs sowie des allgemeinen Grundsatzes der Nichtdiskriminierung.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der UAB „Litaksa” (im Folgenden: Litaksa), einem Güterkraftverkehrsunternehmen, und der „BTA Insurance Company” SE (im Folgenden: BTA), einer Versicherungsgesellschaft, über die Erstattung von aus der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung an Verkehrsunfallgeschädigte geleisteten Schadensersatzzahlungen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Mit der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. L 263, S. 11) wurden fünf Richtlinien kodifiziert, die zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung erlassen worden waren.
Rz. 4
Da sich der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens jedoch vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 2009/103 zugetragen hat, bilden diese fünf Richtlinien, insbesondere die Richtlinie des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. L 103, S. 1, im Folgenden: Erste Richtlinie) und die Dritte Richtlinie, weiterhin den maßgeblichen rechtlichen Rahmen.
Erste Richtlinie
Rz. 5
Zur Erleichterung des Reiseverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten wurde mit der Ersten Richtlinie ein System geschaffen, das auf der Abschaffung der Kontrolle der grünen Versicherungskarte bei Überschreitung der Binnengrenzen der Europäischen Union und auf der Verpflichtung der einzelnen Mitgliedstaaten beruht, die Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, damit die Kraftfahrzeug-Haftpflicht durch eine Versicherung gedeckt ist.
Rz. 6
Zu diesem Zweck sieht Art. 3 dieser Richtlinie vor:
„(1) Jeder Mitgliedstaat trifft … alle zweckdienlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Haftpflicht bei Fahrzeugen mit gewöhnlichem Standort im Inland durch eine Versicherung gedeckt ist. Die Schadensdeckung sowie die Modalitäten dieser Versicherung werden im Rahmen dieser Maßnahmen bestimmt.
(2) Jeder Mitgliedstaat trifft alle zweckdienlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Versicherungsvertrag überdies folgende Schäden deckt:
– die im Gebiet der anderen Mitgliedstaaten gemäß den Rechtsvorschriften dieser Staaten verursachten Schäden,
…”
Dritte Richtlinie
Rz. 7
In den Erwägungsgründen 6, 7, 12 und 13 der Dritten Richtlinie heißt es:
...