Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. Klausel über die vorzeitige Fälligstellung eines Hypothekendarlehensvertrags. Feststellung der teilweisen Missbräuchlichkeit der Klausel. Befugnisse des nationalen Richters beim Vorliegen einer als ‚missbräuchlich’ eingestuften Klausel. Ersetzung der missbräuchlichen Klausel durch eine nationale Rechtsvorschrift
Normenkette
Richtlinie 93/13/EWG Art. 6-7
Beteiligte
Abanca Corporación Bancaria |
Abanca Corporación Bancaria SA |
Alberto García Salamanca Santos (C-70/17) |
Alfonso Antonio Lau Mendoza |
Verónica Yuliana Rodríguez Ramírez |
Tenor
Die Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sind dahin auszulegen, dass sie zum einen der teilweisen Aufrechterhaltung einer für missbräuchlich befundenen Klausel über die vorzeitige Fälligstellung eines Hypothekendarlehensvertrags durch Streichung der sie missbräuchlich machenden Bestandteile entgegenstehen, wenn diese Streichung darauf hinausliefe, den Inhalt dieser Klausel grundlegend zu ändern, und dass diese Artikel zum anderen das nationale Gericht nicht daran hindern, der Nichtigkeit einer solchen missbräuchlichen Klausel dadurch abzuhelfen, dass sie durch die neue Fassung der gesetzlichen Bestimmung ersetzt wird, die diese Klausel inspiriert hat und die anwendbar ist, wenn die Parteien des Vertrags eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben, sofern der in Rede stehende Hypothekendarlehensvertrag im Fall der Streichung dieser missbräuchlichen Klausel nicht fortbestehen kann und die Nichtigerklärung des Vertrags in seiner Gesamtheit für den Verbraucher besonders nachteilige Folgen hat.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) mit Entscheidung vom 8. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Februar 2017, und vom Juzgado de Primera Instancia n° 1 de Barcelona (Gericht erster Instanz Nr. 1 Barcelona, Spanien) mit Entscheidung vom 30. März 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 7. April 2017, in den Verfahren
Abanca Corporación Bancaria SA
gegen
Alberto García Salamanca Santos (C-70/17)
und
Bankia SA
gegen
Alfonso Antonio Lau Mendoza,
Verónica Yuliana Rodríguez Ramírez (C-179/17)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Kammerpräsidenten M. Vilaras und F. Biltgen, der Kammerpräsidentin K. Jürimäe und des Kammerpräsidenten C. Lycourgos sowie der Richter E. Juhász, M. Ilešič, E. Levits, L. Bay Larsen, D. Šváby und S. Rodin (Berichterstatter)
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Abanca Corporación Bancaria SA, zunächst vertreten durch J. Massaguer Fuentes und C. Vendrell Cervantes, abogados, dann durch D. Sarmiento Ramírez-Escudero, abogado,
- der Bankia SA, vertreten durch J. M. Rodríguez Cárcamo und A. M. Rodríguez Conde, abogados,
- der spanischen Regierung, vertreten durch M. J. García-Valdecasas Dorrego als Bevollmächtigte,
- der ungarischen Regierung, vertreten durch Z. Fehér als Bevollmächtigten,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Baquero Cruz, N. Ruiz García und A. Cleenewerck de Crayencour als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. September 2018
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29), insbesondere ihrer Art. 6 und 7.
Rz. 2
Das Ersuchen in der Rechtssache C-70/17 ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Abanca Corporación Bancaria SA und Herrn Alberto García Salamanca Santos über die Konsequenzen, die aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung, die in Klausel 6bis des zwischen diesen beiden Parteien geschlossenen und durch eine Hypothek gesicherten Darlehensvertrags enthalten ist, zu ziehen sind.
Rz. 3
Das Ersuchen in der Rechtssache C-179/17 ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Bankia SA auf der einen Seite und Herrn Alfonso Antonio Lau Mendoza und Frau Verónica Yuliana Rodríguez Ramírez auf der anderen Seite über den vor dem vorlegenden Gericht anhängigen Antrag auf Vollstreckung aus der Hypothek in die als Sicherheit für die Zahlung eines Darlehens mit der Hypothek belastete Sache.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 4
Im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13 heißt es, dass „[d]ie Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten … über angemessene und wirksame Mitte...