Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Verbraucherkreditverträge. Grad der Harmonisierung. Begriff ‚zinsunabhängige Kreditkosten’. Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. Obergrenze der zinsunabhängigen Gesamtkosten des Kredits. Vertragsklauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften beruhen. Ausschluss

 

Normenkette

Richtlinie 93/13/EWG Art. 1 Abs. 2; Richtlinie 2008/48/EG Art. 3 Buchst. g, Art. 10 Abs. 2, Art. 22 Abs. 1

 

Beteiligte

Mikrokasa und Revenue Niestandaryzowany Sekurytyzacyjny Fundusz Inwestycyjny Zamknięty

Mikrokasa S.A

Revenue Niestandaryzowany Sekurytyzacyjny Fundusz Inwestycyjny Zamknięty

XO

 

Tenor

1. Art. 3 Buchst. g, Art. 10 Abs. 2 und Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die eine Methode zur Berechnung des Höchstbetrags der zinsunabhängigen Kreditkosten vorsieht, die dem Verbraucher auferlegt werden können, vorausgesetzt, diese Regelung führt im Hinblick auf diese Kosten keine weiteren Informationspflichten ein, die zu den in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 vorgesehenen hinzuträten.

2. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass eine Vertragsklausel, die die zinsunabhängigen Kreditkosten unter Einhaltung der von einer nationalen Bestimmung vorgesehenen Höchstgrenze festlegt, ohne dabei notwendigerweise die tatsächlich entstandenen Kosten zu berücksichtigen, nicht vom Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Rejonowy w Siemianowicach Řląskich (Rayongericht Siemianowice Řląskie, Polen) mit Entscheidung vom 9. November 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Dezember 2018, in dem Verfahren

Mikrokasa S.A.,

Revenue Niestandaryzowany Sekurytyzacyjny Fundusz Inwestycyjny Zamknięty

gegen

XO

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot sowie der Richter M. Safjan und L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters N. Jääskinen,

Generalanwalt: G. Hogan,

Kanzler: M. Aleksejev, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Mikrokasa S. A., vertreten durch M. Kamiński, radca prawny,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, M. Kamejsza-Kozłowska und D. Lutostańska als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Goddin, K. Herbout-Borczak, A. Szmytkowska und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. Dezember 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29) und der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40 und ABl. 2011, L 234, S. 46).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen von zwei vom vorlegenden Gericht verbundenen Rechtsstreitigkeiten zwischen der Mikrokasa S. A. bzw. Revenue Niestandaryzowany Sekurytyzacyjny Fundusz Inwestycyjny Zamknięty (im Folgenden: Revenue) und XO wegen Aufforderungen zur Zahlung von Beträgen, die im Rahmen von zwei Verbraucherkreditverträgen geschuldet werden.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 93/13

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 13 und 24 der Richtlinie 93/13 sehen vor:

„Bei Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, in denen direkt oder indirekt die Klauseln für Verbraucherverträge festgelegt werden, wird davon ausgegangen, dass sie keine missbräuchlichen Klauseln enthalten. Daher sind Klauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften oder auf Grundsätzen oder Bestimmungen internationaler Übereinkommen beruhen, bei denen die Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft Vertragsparteien sind, nicht dieser Richtlinie zu unterwerfen; der Begriff ‚bindende Rechtsvorschriften’ in Artikel 1 Absatz 2 umfasst auch Regeln, die nach dem Gesetz zwischen den Vertragsparteien gelten, wenn nichts anderes vereinbart wurde.

Die Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten müssen über angemessene und wirksame Mittel verfügen, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird.”

Rz. 4

Art. 1 der Richtlinie 93/13 lautet:

„(1) Zweck dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.

(2) Ve...

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