Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung der Artikel 48 Absatz 3 Buchstaben b und c EWG-Vertrag und Artikel 7 der Richtlinie 68/360 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen innerhalb der Gemeinschaft. Mehrjährige Tätigkeit als Arbeitnehmer
Leitsatz (amtlich)
1.
Artikel 48 Absatz 3 Buchstaben b und c EWG-Vertrag und Artikel 7 der Richtlinie 68/360 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen innerhalb der Gemeinschaft sind dahin auszulegen, daß sie einem griechischen Staatsangehörigen nicht das Recht zum Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat einräumen, wenn er zur Zeit des Beitritts der Griechischen Republik zur Gemeinschaft in diesem anderen Mitgliedstaat arbeitslos war, nachdem er dort mehrere Jahre lang eine Tätigkeit als Arbeitnehmer ausgeübt hatte, seine Arbeitslosigkeit nach dem Beitritt andauerte und es ihm objektiv unmöglich ist, Arbeit zu erhalten.
2.
Zum einen setzt nämlich das Aufenthaltsrecht, das das Gemeinschaftsrecht den die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzenden Arbeitnehmern einräumt, die im Aufnahmestaat arbeitslos geworden sind, voraus, daß diese Arbeitnehmer zuvor in Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit als Arbeitnehmer im Aufnahmestaat beschäftigt waren, was bei einem griechischen Staatsangehörigen vor dem Beitritt seines Landes zur Gemeinschaft nicht möglich war. Zum anderen kann das Recht zum Aufenthalt zum Zweck der Stellensuche von einem Gemeinschaftsangehörigen, der keine Aussicht auf Einstellung hat, nicht mehrere Jahre lang in Anspruch genommen werden.
3.
Das Recht zum Verbleib im Aufnahmemitgliedstaat, das Artikel 48 Absatz 3 Buchstabe d EWG-Vertrag und Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1251/70 den Gemeinschaftsangehörigen einräumen, setzt voraus, daß der Betroffene dort zuvor im Rahmen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer als Arbeitnehmer beschäftigt war.
4.
Da dies für einen griechischen Staatsangehörigen nicht zutrifft, der zur Zeit des Beitritts der Griechischen Republik zur Gemeinschaft in einem Mitgliedstaat arbeitslos war, nachdem er dort mehrere Jahre lang eine Tätigkeit als Arbeitnehmer ausgeübt hatte, dessen Arbeitslosigkeit nach dem Beitritt andauerte und dem es objektiv unmöglich ist, Arbeit zu erhalten, hat er nicht das in den genannten Vorschriften vorgesehene Recht zum Verbleib im Aufnahmemitgliedstaat, wenn er während eines weiteren Aufenthalts dauernd arbeitsunfähig wird, der ihm wegen eines gerichtlichen Verfahrens ermöglicht worden ist, das er in dem betreffenden Mitgliedstaat zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis anhängig gemacht hat.
Normenkette
EWGVtr Art. 48 Abs. 3 Buchst. b, c, d, Art. 177; RL 68/360 Art. 7; EWGV 1251/70 Art. 2 Abs. 1 Buchst. b
Beteiligte
Landeshauptstadt Stuttgart |
Verfahrensgang
BVerwG (Entscheidung vom 16.04.1991; Aktenzeichen 1 - C 18/89) |
Tenor
1.
Artikel 48 Absatz 3 Buchstaben b und c EWG-Vertrag und Artikel 7 der Richtlinie 68/360/EWG des Rates vom 15. Oktober 1968 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen innerhalb der Gemeinschaft sind dahin auszulegen, daß sie einem griechischen Staatsangehörigen nicht das Recht zum Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat einräumen, wenn er zur Zeit des Beitritts der Griechischen Republik zur Gemeinschaft in diesem anderen Mitgliedstaat arbeitslos war, nachdem er dort mehrere Jahre lang eine Tätigkeit als Arbeitnehmer ausgeübt hatte, seine Arbeitslosigkeit nach dem Beitritt andauerte und es ihm objektiv unmöglich ist, Arbeit zu erhalten.
2.
Artikel 48 Absatz 3 Buchstabe d EWG-Vertrag und Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 der Kommission vom 29. Juni 1970 über das Recht der Arbeitnehmer, nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verbleiben, sind dahin auszulegen, daß eine Person, die sich in der oben beschriebenen Lage befindet, nicht das in diesen Vorschriften vorgesehene Recht zum Verbleib in einem Mitgliedstaat hat, wenn sie während eines weiteren Aufenthalts dauernd arbeitsunfähig wird, der ihr wegen eines gerichtlichen Verfahrens ermöglicht worden ist, das sie in dem betreffenden Mitgliedstaat zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis anhängig gemacht hat.
Fundstellen
Haufe-Index 1150943 |
NJW 1994, 2078 |
EuGHE I 1993, 2925 |
NVwZ 1993, 765 |
EuZW 1993, 451 |
DVBl. 1993, 1025 |
www.judicialis.de 1993 |