Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabe im Sektor Milch und Milcherzeugnisse; bei Rückgabe eines verpachteten Teils eines Betriebes kann die Referenzmenge nicht auf den Verpächter übergehen, wenn dieser kein Milcherzeuger ist oder keine Milcherzeugung beabsichtigt
Leitsatz (amtlich)
1. Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 590/85 des Rates vom 26. Februar 1985 geänderten Fassung und Artikel 7 Absatz 1 Nummern 2, 3 und 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1546/88 der Kommission vom 3. Juni 1988 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 sind dahin auszulegen, dass bei der Rückgabe eines verpachteten Teils eines Betriebes die entsprechende Referenzmenge nicht auf den Verpächter übergehen kann, wenn dieser weder Milcherzeuger ist noch die Aufnahme der Milcherzeugung oder die Weiterverpachtung des betreffenden Betriebes an einen Milcherzeuger beabsichtigt.
2. Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 857/84 in der durch die Verordnung Nr. 590/85 geänderten Fassung und Artikel 7 Absatz 1 Nummer 4 der Verordnung Nr. 1546/88 stehen dem entgegen, dass die Referenzmenge nach Beendigung des Pachtverhältnisses beim Pächter verbleibt, wenn dieses freiwillig beendet wurde.
Normenkette
EWGV 857/84 Art. 7 Abs. 1; EWGV 1546/88 Art. 7 Abs. 1
Beteiligte
Verfahrensgang
VG Sigmaringen (Beschluss vom 12.05.2005; Aktenzeichen 2 K 1092/04) |
Tatbestand
„Milch und Milcherzeugnisse ‐ Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr.804/68 ‐ Zusatzabgabe im Sektor Milch und Milcherzeugnisse ‐ Verordnungen (EWG) Nrn. 857/84, 590/85 und 1546/88 ‐ Übertragung der Referenzmenge infolge der Rückgabe eines Teils des Betriebes ‐ Verpächter, der selbst kein Erzeuger von Milch oder Milchprodukten ist ‐ Freiwillige Beendigung des Pachtvertrags“
In der Rechtssache C-275/05
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Verwaltungsgericht Sigmaringen (Deutschland) mit Entscheidung vom 12. Mai 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Juli 2005, in dem Verfahren
Alois Kibler jun.
gegen
Land Baden-Württemberg,
Beteiligte:
Manfred Ott,
Konrad Leiprecht,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter K. Schiemann und M. Ileši&ccaron (Berichterstatter),
Generalanwältin: C. Stix-Hackl,
Kanzler: R. Grass,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Cattabriga und F. Erlbacher als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 18. Mai 2006
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 590/85 des Rates vom 26. Februar 1985 (ABl. L 68, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 857/94) und von Artikel 7 Absatz 1 Nrn. 2, 3 und 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1546/88 der Kommission vom 3. Juni 1988 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 (ABl. L 139, S. 12).
2
Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit von Herrn Kibler jun. (im Folgenden: Kläger des Ausgangsverfahrens), Pächter einer Landfläche von Herrn Leiprecht (im Folgenden: Verpächter), gegen das Land Baden-Württemberg (im Folgenden: Beklagter des Ausgangsverfahrens) wegen der Übertragung der Milchreferenzmenge auf den Verpächter, der selbst kein Erzeuger von Milch oder Milchprodukten ist, infolge der freiwilligen Beendigung des Pachtvertrags. Herr Ott, an den der Kläger des Ausgangsverfahrens unterverpachtete, und der Verpächter sind dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge des Landes Baden-Württemberg beigetreten.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Artikel 7 der Verordnung Nr. 857/84 in der zur Zeit der Ereignisse des Ausgangsverfahrens geltenden Fassung bestimmt:
„(1) Im Falle des Verkaufs, der Verpachtung oder der Übertragung eines Betriebs in Erbfolge wird die entsprechende Referenzmenge nach festzulegenden Modalitäten ganz oder teilweise auf den Käufer, Pächter oder Erben übertragen.
Im Falle einer Übertragung von Land an die Behörden und/oder dessen Verwendung für gemeinnützige Zwecke können die Mitgliedstaaten unbeschadet des Absatzes 3 Unterabsatz 2 vorsehen, dass die auf den übertragenen Betrieb bzw. Betriebsteil entfallende Referenzmenge ganz oder zum Teil dem ausscheidenden Erzeuger gutgeschrieben wird, sofern er die Milcherzeugung fortsetzen ...