Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunale di Chiavari – Italien. Verbot der Benutzung einer Marke in einem Mitgliedstaat – Verbot der Einfuhr eines Erzeugnisses aus einem anderen Mitgliedstaat unter der gleichen Marke – Artikel 30 EG-Vertrag und Richtlinie über die Marken. 1. Freier Warenverkehr ° Mengenmässige Beschränkungen ° Maßnahmen gleicher Wirkung ° Begriff ° An den Inhaber einer Marke in einem Mitgliedstaat gerichtetes Verbot, diese Marke zu benutzen, um eine bestimmte Art von Erzeugnissen in den Verkehr zu bringen ° Vertriebsverbot für mit der gleichen Marke versehene Erzeugnisse der gleichen Art aus einem anderen Mitgliedstaat (EG-Vertrag, Artikel 30). 2. Freier Warenverkehr ° Mengenmässige Beschränkungen ° Maßnahmen gleicher Wirkung ° Zulässiger Vertrieb einer bestimmten Art von Erzeugnissen unter einer bestimmten Marke in einem Mitgliedstaat ° Verbot der Einfuhr und des Vertriebs unter dieser Marke in einem anderen Mitgliedstaat ° Verbot, das ausschließlich an ein Unternehmen gerichtet ist, das als einziges vom Einfuhrrecht Gebrauch macht ° Unzulässigkeit ° Rechtfertigung ° Schutz gegen unlauteren Wettbewerb ° Kein Rechtfertigungsgrund ° An alle Wirtschaftsteilnehmer gerichtetes Verbot ° Zulässigkeit ° Rechtfertigung ° Schutz der Verbraucher vor der irreführenden Wirkung der Marke ° Voraussetzungen (EG-Vertrag, Artikel 30 und 36). 3. Rechtsangleichung ° Marken ° Richtlinie 89/104 ° Zulässige Benutzung einer Marke in einem Mitgliedstaat, um eine bestimmte Art von Erzeugnissen in den Verkehr zu bringen ° Verbot in einem anderen Mitgliedstaat, diese Marke zu benutzen, um Erzeugnisse der gleichen Art zu vertreiben ° Zulässigkeit ° Rechtfertigung ° Verbot der Benutzung der Marke durch ihren Inhaber wegen ihrer irreführenden Wirkung (Richtlinie des Rates 89/104, Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe b)
Leitsatz (amtlich)
1. In einer Situation, in der es dem Inhaber einer Marke in einem Mitgliedstaat untersagt ist, eine bestimmte Art von Erzeugnissen unter dieser Marke zu vertreiben, stellt eine Anordnung an ein Unternehmen, das mit der gleichen Marke versehene Erzeugnisse der gleichen Art aus einem anderen Mitgliedstaat einführt, deren Vertrieb einzustellen, eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Beschränkung im Sinne des Artikels 30 des Vertrages dar. In einer solchen Situation können sich Händler, die die Erzeugnisse unter der fraglichen Marke vertreiben wollen, diese Erzeugnisse nämlich nur im Wege der Einfuhr beschaffen, so daß eine Anordnung, den Vertrieb dieser Produkte einzustellen, praktisch darauf hinausläuft, ihre Einfuhr zu verhindern, und somit ein Hindernis für den innergemeinschaftlichen Handel darstellt.
2. Die Artikel 30 und 36 des Vertrages sind dahin auszulegen, daß nach diesen Vorschriften unzulässig ist, den Schutz gegen unlauteren Wettbewerb zu dem Zweck geltend zu machen, einem Unternehmen zu verbieten, von seinem Recht Gebrauch zu machen, Erzeugnisse, die aus einem Mitgliedstaat stammen, wo sie rechtmässig in den Verkehr gebracht worden sind, unter einer bestimmten Marke in einen anderen Mitgliedstaat einzuführen und dort zu vertreiben, wenn die anderen Wirtschaftsteilnehmer das gleiche Recht haben, auch wenn sie keinen Gebrauch davon machen.
Hingegen ist nach diesen Vorschriften nicht unzulässig, daß der Vertrieb von Erzeugnissen, die aus einem Mitgliedstaat stammen, wo sie rechtmässig in den Verkehr gebracht worden sind, aus Gründen des Schutzes der Verbraucher vor der irreführenden Wirkung einer Marke allen Wirtschaftsteilnehmern verboten wird, sofern dieses Verbot zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes erforderlich ist und in einem angemessenen Verhältnis zu diesem Zweck steht und sofern dieser Zweck nicht durch Maßnahmen erreicht werden kann, die den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr weniger beschränken. Bei der Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das nationale Gericht insbesondere zu prüfen, ob die Gefahr einer Irreführung der Verbraucher so schwer wiegt, daß sie den Erfordernissen des freien Warenverkehrs vorgehen kann. Insoweit ist es möglich, daß wegen sprachlicher, kultureller und sozialer Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten eine Marke, die in einem Mitgliedstaat nicht geeignet ist, den Verbraucher irrezuführen, diese Eignung in einem anderen Mitgliedstaat besitzt.
3. Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe b der Ersten Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (89/104) ist dahin auszulegen, daß es danach nicht unzulässig ist, daß der Vertrieb von Erzeugnissen, die aus einem Mitgliedstaat stammen, wo sie rechtmässig in den Verkehr gebracht worden sind, verboten wird, weil sie mit einer Marke versehen sind, deren Benutzung ihrem Inhaber im Einfuhrmitgliedstaat ausdrücklich untersagt ist, da dort entschieden worden ist, daß sie die Verbraucher irreführen könnte. Die Richtlinie überlässt nämlich den Mitgliedstaaten die Befugnis, festzulegen, ob und wieweit die Benutzung ...