Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug, Option zur Steuerpflicht, Immobilienveräußerung, Pflicht zur Vorsteuerberichtigung des Immobilienveräußerers aufseiten des Erwerbers, Vorsteuerberichtigung wegen steuerfreier Ausgangsumsätze eines Dritterwerbers einer Immobilie

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 188 Abs. 2

 

Beteiligte

Sögård Fastigheter

Skatteverket

Sögård Fastigheter AB

 

Verfahrensgang

Högsta förvaltningsdomstol (Schweden) (Beschluss vom 03.12.2018; ABl. EU 2019, Nr. C 72/9)

 

Tenor

Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, die auf der Grundlage von Art. 188 Abs. 2 dieser Richtlinie vorsieht, dass der Veräußerer einer Immobilie nicht verpflichtet ist, eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen, wenn der Erwerber diese Immobilie nur für Umsätze verwendet, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, während sie den Erwerber dazu verpflichtet, die Berichtigung dieses Abzugs für den verbleibenden Berichtigungszeitraum vorzunehmen, wenn er die betreffende Immobilie selbst an einen Dritten veräußert, der diese nicht für solche Umsätze nutzt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Högsta förvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) mit Entscheidung vom 3. Dezember 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Dezember 2018, in dem Verfahren

Skatteverket

gegen

Sögård Fastigheter AB

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Kumin (Berichterstatter) sowie der Richter T. von Danwitz und P. G. Xuereb,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Skatteverk, vertreten durch T. Johansson als Bevollmächtigten,
  • der Sögård Fastigheter AB, vertreten durch C. Rosén, Generaldirektor,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch S. Hartikainen als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch K. Simonsson, L. Lozano Palacios, E. Ljung Rasmussen und G. Tolstoy als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 19, 188 und 189 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, sowie Berichtigungen in ABl. 2007, L 335, S. 60, und ABl. 2017, L 336, S. 60, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Skatteverk (Finanzbehörde, Schweden) und der Sögård Fastigheter AB hinsichtlich der Berichtigung eines Vorsteuerabzugs, der zuvor von einem anderen Steuerpflichtigen vorgenommen wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrechtliche Vorschriften

Rz. 3

Art. 12 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten können Personen als Steuerpflichtige betrachten, die gelegentlich …

a) [die] Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden [ausüben], wenn sie vor dem Erstbezug erfolgt”.

Rz. 4

Art. 19 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor, dass „[d]ie Mitgliedstaaten … die Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, behandeln [können], als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen [können]”.

Rz. 5

Art. 135 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

j) Lieferung von anderen Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden als den in Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe a genannten;

l) Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.”

Rz. 6

Art. 137 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten können ihren Steuerpflichtigen das Recht einräumen, sich bei folgenden Umsätzen für eine Besteuerung zu entscheiden:

b) Lieferung von anderen Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden als den in Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe a genannten;

d) Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.

(2) Die Mitgliedstaaten legen die Einzelheiten für die Inanspruchnahme des Wahlrechts nach Absatz 1 fest.

Die Mitgliedstaaten können den Umfang dieses Wahlrechts einschränken.”

Rz. 7

Art. 168 Buchst. a dieser Richtlinie bestimmt:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden”.

Rz. 8

Art. 184 dieser...

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