Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 75/439/EWG. Altölbeseitigung. Vorrang der Behandlung im Wege der Aufbereitung
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Portugiesische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 75/439/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Altölbeseitigung in der durch die Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 geänderten Fassung verstoßen, dass sie nicht die erforderlichen Maßnahmen erlassen hat, um der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung den Vorrang einzuräumen, wenn die technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge dies zulassen.
2. Die Portugiesische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Republik Finnland trägt ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache C-92/03
betreffend eine Vertragsverletzungsklage gemäß Artikel 226 EG, eingereicht am 28. Februar 2003,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Caeiros und M. Konstantinidis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Portugiesische Republik, vertreten durch L. Fernandes und M. Lois als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
unterstützt durch:
Republik Finnland, vertreten durch A. Guimaraes-Purokoski als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Streithelferin,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter C. Gulmann, R. Schintgen und J. Klucka,
Generalanwalt: A. Tizzano,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Oktober 2004,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beantragt mit ihrer Klage die Feststellung, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 75/439/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Altölbeseitigung (ABl. L 194, S. 23) in der durch die Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 (ABl. 1987, L 42, S. 43) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, dass sie nicht die erforderlichen Maßnahmen dafür erlassen hat, dass der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt wird, sofern die technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge dies zulassen.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
2
Ziel der Richtlinie ist es, die Umwelt gegen nachteilige Auswirkungen des Ableitens und der Behandlung von Altölen zu schützen. Artikel 3 der Richtlinie sieht vor:
„(1) Sofern keine technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge entgegenstehen, treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen dafür, dass der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt wird.
(2) Erfolgt aufgrund der in Absatz 1 genannten Sachzwänge keine Aufbereitung des Altöls, so treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit jegliches Verbrennen von Altölen nach umweltfreundlichen Verfahren gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie erfolgen kann, soweit dieses Verbrennen technisch, wirtschaftlich und organisatorisch durchführbar ist.
(3) Erfolgt aufgrund der in den Absätzen 1 und 2 genannten Sachzwänge weder die Aufbereitung noch das Verbrennen von Altölen, so treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um ihre schadlose Vernichtung oder kontrollierte Lagerung oder Ablagerung zu gewährleisten.”
3
Gemäß Artikel 2 der Richtlinie 87/101 hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um ihren Verpflichtungen aus dieser Richtlinie zum 1. Januar 1990 nachzukommen.
Nationales Recht
4
Die nationale Regelung über die Verwertung von Altölen besteht aus folgenden Rechtsakten:
- der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 88/91 vom 23. Februar 1991, die die Altöle betreffenden Tätigkeiten regelt;
- der Ministerialverordnung Nr. 240/92 vom 25. März 1992 über die Billigung der Verordnung über die Erteilung von Lizenzen für Tätigkeiten der Sammlung, der Lagerung, der Vorbehandlung, der Aufbereitung, der Rückgewinnung, der Verbrennung und der Verfeuerung von Altölen;
- der Ministerialverordnung Nr. 1028/92 vom 5. November 1992, durch die die Sicherheits- und Identifizierungsnormen für die Beförderung von Altölen festgelegt werden;
- der gemeinsamen Entscheidung des Industrieministers und des Umweltministers vom 18. Mai 1993 über die Durchführung der Verordnung über die Erteilung von Lizenzen für die Behandlung von Altölen.
5
Mit Blick auf eine Änderung dieser Regelung haben die portugiesischen Behörden am 19. März 2001 ein Dokument mit dem Titel „Neue nationale Strategie für die Verwertung von Altölen” gebilligt.
Vorprozessuales Verfahren
6
Am 18. Juli 2000 forderte die Kommission die portugiesischen Behörden auf, ihr u. a. die Daten über die in den Jahren...