Entscheidungsstichwort (Thema)
Mittelbare Diskrimierung aufgrund des Geschlechts. Übergangsgeld als Entgelt im Sinne des Artikels 119 EWG-Vertrag. Übergangsgeld als aufgeschobenes Entgelt des Arbeitnehmers beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
1.
Das dem Arbeitnehmer beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gewährte Übergangsgeld stellt eine Art aufgeschobenes Entgelt dar, auf das der Arbeitnehmer aufgrund seines Arbeitsverhältnisses Anspruch hat, das ihm aber erst bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird, um ihm die Anpassung an die dadurch entstandenen neuen Umstände zu erleichtern. Dieses Übergangsgeld fällt daher grundsätzlich unter den Begriff des Entgelts im Sinne des Artikels 119 EWG-Vertrag.
2.
Artikel 119 EWG-Vertrag steht der Anwendung einer Bestimmung eines Tarifvertrags für den nationalen öffentlichen Dienst entgegen, die es den Arbeitgebern gestattet, Teilzeitbeschäftigte von der Zahlung eines Übergangsgeldes beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auszunehmen, wenn sich herausstellt, daß erheblich weniger Männer als Frauen teilzeitbeschäftigt sind, es sei denn, der Arbeitgeber legt dar, daß diese Bestimmung durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben.
3.
Im Falle einer mittelbaren Diskriminierung durch eine Bestimmung eines Tarifvertrages haben die Angehörigen der benachteiligten Gruppe, sei es die der Männer oder der Frauen, entsprechend dem Umfang ihrer Beschäftigung Anspruch auf die gleiche Behandlung und auf Anwendung der gleichen Regelung wie die übrigen Arbeitnehmer, wobei diese Regelung, solange Artikel 119 EWG-Vertrag nicht ordnungsgemäß in das innerstaatliche Recht umgesetzt ist, daß einzig gültige Bezugssystem bleibt.
Normenkette
BAT § 62 Abs. 1; EWGVtr Art. 119
Beteiligte
Freie und Hansestadt Hamburg |
Verfahrensgang
Tenor
(Unvereinbarkeit des § 62 Abs 1 BAT mit Art 119 EWGVtr)
1.
Artikel 119 EWG-Vertrag ist dahin auszulegen, daß er der Anwendung einer Bestimmung eines Tarifvertrags für den nationalen öffentlichen Dienst entgegensteht, die es den Arbeitgebern gestattet, Teilzeitbeschäftigte von der Zahlung eines Übergangsgeldes beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auszunehmen, wenn sich herausstellt, daß prozentual erheblich weniger Männer als Frauen teilzeitbeschäftigt sind, es sei denn, der Arbeitgeber legt dar, daß diese Bestimmung durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben.
2.
Im Falle einer mittelbaren Diskriminierung durch eine Bestimmung eines Tarifvertrags haben die Angehörigen der dadurch benachteiligten Gruppe entsprechend dem Umfang ihrer Beschäftigung Anspruch auf die gleiche Behandlung und auf Anwendung der gleichen Regelung wie die übrigen Arbeitnehmer, wobei diese Regelung, solange Artikel 119 EWG-Vertrag nicht ordnungsgemäß in das innerstaatliche Recht umgesetzt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt.
Fundstellen
Haufe-Index 1150877 |
EuGHE I 1990, 2591 |
EuZW 1990, 316 |
JZ 1991, 424 |