Entscheidungsstichwort (Thema)

Landwirtschaft. Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten. Gemeinsame Agrarpolitik. Beihilfen. Prüfung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten. Bestimmung des zuständigen Gerichts. Nationales Kriterium. Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Äquivalenzgrundsatz. Effektivitätsgrundsatz

 

Normenkette

Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 47

 

Beteiligte

Agrokonsulting-04

ET Agrokonsulting-04-Velko Stoyanov

Izpalnitelen direktor na Darzhaven fond „Zemedelie” – Razplashtatelna agentsia

 

Tenor

Das Unionsrecht, insbesondere die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität sowie Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, steht einer nationalen Vorschrift über die gerichtliche Zuständigkeit wie der des Art. 133 Abs. 1 des Administrativnoprotsesualen kodeks (Verwaltungsgerichtsordnung), die dazu führt, dass sämtliche Rechtsstreitigkeiten über die Entscheidungen einer nationalen Behörde, die mit der Auszahlung von Agrarbeihilfen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union betraut ist, einem einzigen Gericht zugewiesen werden, nicht entgegen, sofern die Verfahrensmodalitäten für Klagen, die den Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nicht weniger günstig ausgestaltet sind als die für Klagen, mit denen Rechte aus etwaigen Regelungen des internen Rechts über Beihilfen für Betriebsinhaber geschützt werden sollen, und eine solche Zuständigkeitsvorschrift für die Einzelnen insbesondere hinsichtlich der Verfahrensdauer keine Verfahrensnachteile mit sich bringt, die geeignet sind, die Ausübung der aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte übermäßig zu erschweren, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Administrativen sad Sofia-grad (Bulgarien) mit Entscheidung vom 9. Februar 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 21. Februar 2012, in dem Verfahren

ET Agrokonsulting-04-Velko Stoyanov

gegen

Izpalnitelen direktor na Darzhaven fond „Zemedelie” – Razplashtatelna agentsia

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Dritten Kammer sowie der Richter E. Jarašiūnas, A. Ó Caoimh (Berichterstatter) und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der ET Agrokonsulting-04-Velko Stoyanov, vertreten durch R. Trifonova, advokat,
  • des Izpalnitelen direktor na Darzhaven fond „Zemedelie” – Razplashtatelna agentsia, vertreten durch R. Porozhanov und I. Boyanov als Bevollmächtigte,
  • der bulgarischen Regierung, vertreten durch E. Petranova als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa-Lacombe und N. Nikolova als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. März 2013

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz und von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der ET Agrokonsulting-04-Velko Stoyanov (im Folgenden: Agrokonsulting) und dem Izpalnitelen direktor na Darzhaven fond „Zemedelie” – Razplashtatelna agentsia (geschäftsführender Direktor des nationalen Fonds „Landwirtschaft” – Zahlstelle, im Folgenden: Direktor) wegen eines Beihilfeantrags zur Erlangung einer Finanzierung im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Mit der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 (ABl. L 30, S. 16) wird nach ihrem Art. 1 Buchst. c und ihrem Art. 2 Buchst. g in ihrem Titel V Kapitel 2 u. a. eine Regelung für die sogenannte „einheitliche Flächenzahlung” festgelegt, d. h. eine Übergangsregelung für eine vereinfachte Einkommensstützung zugunsten der Betriebsinhaber in den Mitgliedstaaten, die der Union 2004 und 2007 beigetreten sind.

Rz. 4

Mit dieser Verordnung wird, wie aus ihrem Art. 1 Buchst. e hervorgeht, auch ein Rahmen festgelegt, der es den genannten Mitgliedstaaten ermöglicht, „ergänzende Direktzahlungen” zu tätigen. Dieser Rahmen ist in Art. 132 („Ergänzende nationale Direktzahlungen und Direktzahlungen”) der Verordnung vorgesehen, nach dem die betreffenden Mitglied...

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