Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersuchen um Vorabentscheidung: High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Crown Office). Vereinigtes Königreich. Völkerrechtliche Verträge. Verträge der Gemeinschaft. Unmittelbare Wirkung. Voraussetzungen. Artikel 44 Absatz 3 des Assoziationsabkommens Gemeinschaften-Polen. Assoziationsabkommen Gemeinschaften-Polen. Niederlassungsrecht. Einreise- und Aufenthaltsrecht als Voraussetzung. Schranken der Ausübung dieser Rechte. Nationale Regelung vorheriger Kontrolle, die die Erteilung einer Einreise- und Aufenthaltsgenehmigung von materiellen Voraussetzungen abhängig macht. Zulässigkeit. Zurückweisung eines Niederlassungsantrags durch einen Mitgliedstaat mit der alleinigen Begründung, der Aufenthalt des Antragstellers in diesem Staat sei zur Zeit der Stellung des Antrags rechtswidrig gewesen. Befugnis, einen neuen Antrag zu stellen. Anwendung des nationalen Einreiserechts. Grenzen. Schutz der Grundrechte des Antragstellers
Leitsatz (amtlich)
1. Artikel 44 Absatz 3 des Assoziationsabkommens Gemeinschaften-Polen, der den Mitgliedstaaten verbietet, polnische Staatsangehörige aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminierend zu behandeln, stellt für den Geltungsbereich dieses Abkommens einen klaren und unbedingten Grundsatz auf, der vom nationalen Gericht angewandt werden und deshalb die Rechtslage von Privaten regeln kann. Die unmittelbare Wirkung, die der Bestimmung somit zukommt, bedeutet, dass polnische Staatsangehörige das Recht haben, sich vor den Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats auf sie zu berufen, auch wenn dieser Mitgliedstaat nach Artikel 58 Absatz 1 des Abkommens die Befugnis behält, auf diese Staatsangehörigen sein nationales Einreise-, Aufenthalts- und Niederlassungsrecht anzuwenden.
(vgl. Randnrn. 32, 38, Tenor 1)
2. Das Niederlassungsrecht im Sinne des Artikels 44 Absatz 3 des Assoziationsabkommens Gemeinschaften-Polen setzt als Nebenrechte ein Einreise- und ein Aufenthaltsrecht der polnischen Staatsangehörigen voraus, die gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche und freiberufliche Tätigkeiten in einem Mitgliedstaat ausüben wollen. Jedoch ergibt sich aus Artikel 58 Absatz 1 des Abkommens, dass dieses Einreise- und Aufenthaltsrecht nicht schrankenlos gewährleistet ist, seine Ausübung gegebenenfalls vielmehr durch die Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung polnischer Staatsangehöriger beschränkt werden kann.
(vgl. Randnr. 86, Tenor 2)
3. Artikel 44 Absatz 3 des Assoziationsabkommens Gemeinschaften-Polen, der den Mitgliedstaaten verbietet, polnische Staatsangehörige bei ihrer Niederlassung aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminierend zu behandeln, in Verbindung mit Artikel 58 Absatz 1 dieses Abkommens, wonach der Aufnahmemitgliedstaat sein nationales Recht über Einreise, Aufenthalt und Niederlassung anwenden darf, sofern er dies nicht in einer Weise tut, die polnischen Staatsangehörigen die Ausübung der ihnen in Artikel 44 Absatz 3 eingeräumten Rechte unmöglich macht oder übermäßig erschwert, steht grundsätzlich einer Regelung vorheriger Kontrolle nicht entgegen, nach der die Erteilung einer Einreise- und Aufenthaltsgenehmigung durch die Zuwanderungsbehörden voraussetzt, dass der Antragsteller seine wirkliche Absicht nachweist, eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen, ohne zugleich auf eine unselbständige Beschäftigung oder öffentliche Mittel zurückzugreifen, und dass er von Anfang an über hinreichende Mittel und vernünftige Erfolgsaussichten verfügt.
(vgl. Randnrn. 56, 86, Tenor 3)
4. Nach Artikel 58 Absatz 1 des Assoziationsabkommens Gemeinschaften-Polen, wonach der Aufnahmemitgliedstaat sein nationales Recht über Einreise, Aufenthalt und Niederlassung anwenden darf, sofern er dies nicht in einer Weise tut, die polnischen Staatsangehörigen die Ausübung der ihnen in Artikel 44 Absatz 3 des Abkommens eingeräumten Rechte unmöglich macht oder übermäßig erschwert, dürfen die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats einen nach Artikel 44 Absatz 3 des Abkommens gestellten Antrag eines polnischen Staatsangehörigen mit der alleinigen Begründung zurückweisen, sein Aufenthalt in diesem Staat sei zur Zeit der Stellung des Antrags rechtswidrig gewesen, weil er bei Stellung eines ursprünglichen Antrags auf Einreise in diesen Mitgliedstaat aufgrund einer anderen Vorschrift bei den Behörden falsche Erklärungen abgegeben oder erhebliche Tatsachen nicht offen gelegt habe. Der Mitgliedstaat kann daher verlangen, dass dieser Staatsangehörige formgerecht einen auf das Abkommen gestützten neuen Niederlassungsantrag stellt, indem er ein Einreisevisum bei den zuständigen Stellen in seinem Herkunftsstaat oder gegebenenfalls in einem anderen Land beantragt, soweit diese Maßnahmen nicht verhindern, dass die Lage dieses Staatsangehörigen bei der Einreichung des neuen Antrags überprüft wird.
Im Übrigen dürfen solche Maßnahmen die Grundrechte dieses Staatsangehörigen, namentlich das Recht auf Familienleben und au...