Entscheidungsstichwort (Thema)

Niederlassungsfreiheit. Freier Dienstleistungsverkehr. Richtlinie 92/50/EWG. Öffentliche Dienstleistungsaufträge. Diskriminierungsverbot. Häusliche Atemtherapiedienste. Zulassungsvoraussetzungen. Bewertungskriterien

 

Beteiligte

Contse u.a

Contse SA

Vivisol Srl

Oxigen Salud SA

Instituto Nacional de Gestión Sanitaria (Ingesa), ehemals Instituto Nacional de la Salud (Insalud)

Air Liquide Medicinal SL

Sociedad Española de Carburos Metálicos SA

 

Tenor

Artikel 49 EG steht dem entgegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen für einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag zur Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen in Form häuslicher Atemtherapien und anderer Techniken der Ventilationsunterstützung zum einen eine Zulassungsvoraussetzung vorsieht, wonach der Bieter bei der Abgabe des Angebots über einen öffentlich zugänglichen Geschäftsraum in der Hauptstadt der Provinz, in der die Dienstleistung erbracht werden soll, verfügen muss, und zum anderen Kriterien für die Bewertung der Angebote, wonach zusätzliche Punkte dafür vergeben werden, dass bei der Abgabe des Angebots Produktions-, Wartungs- und Sauerstoffabfüllanlagen, die höchstens 1 000 Kilometer von dieser Provinz entfernt sind, oder öffentlich zugängliche Geschäftsräume in anderen, näher bezeichneten Orten dieser Provinz vorhanden sind, und bei Punktgleichheit mehrerer Angebote das Unternehmen bevorzugt wird, das die betreffenden Dienstleistungen bereits zuvor erbracht hat, sofern diese Anforderungen in diskriminierender Weise angewandt werden, nicht aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, nicht geeignet sind, die Erreichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, oder über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist; dies zu prüfen ist Sache des nationalen Gerichts.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Audiencia Nacional (Spanien) mit Entscheidung vom 16. April 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Juni 2003, in dem Verfahren

Contse SA,

Vivisol Srl,

Oxigen Salud SA

gegen

Instituto Nacional de Gestión Sanitaria (Ingesa), ehemals Instituto Nacional de la Salud (Insalud),

Beteiligte:

Air Liquide Medicinal SL,

Sociedad Española de Carburos Metálicos SA,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas (Berichterstatter) sowie der Richter J. Malenovský, J.-P. Pussicat-Dolls, S. von Bahr, und U. Lõhmus,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– der Contse SA, der Vivisol Srl und der Oxigen Salud SA, vertreten durch R. García-Palencia und C. Urda Serrano, abogados,

– des Instituto Nacional de Gestión Sanitaria (Ingesa), ehemals Instituto Nacional de la Salud (Insalud), vertreten durch M. Gómez Montes, procurador, und J.-M. Pérez-Gómez, abogado,

– der spanischen Regierung, vertreten durch S. Ortiz Vaamonde als Bevollmächtigten,

– der österreichischen Regierung, vertreten durch M. Fruhmann als Bevollmächtigten,

– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Valero Jordana und K. Wiedner als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 12 EG, 43 ff. EG und 49 ff. EG sowie des Artikels 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Contse SA, der Vivisol Srl und der Oxigen Salud SA (einer Arbeitsgemeinschaft von Unternehmen, denen Produktionsanlagen zur Herstellung von Sauerstoff in Italien und Belgien gehören, im Folgenden: Klägerinnen) einerseits und dem Instituto Nacional de la Salud (staatliche Sozialversicherungsanstalt, im Folgenden: Insalud) andererseits. Die Klägerinnen haben zum einen gegen zwei vom Insalud durchgeführte öffentliche Ausschreibungen von Dienstleistungen, die häusliche Atemtherapien und andere Techniken der Ventilationsunterstützung im Gebiet der Provinzen Cáceres bzw. Badajoz zum Gegenstand haben, und zum anderen gegen die Entscheidung der Presidencia Ejecutiva (Präsidium) des Insalud vom 10. Juli 2000, mit der die Beschwerden gegen diese Ausschreibungen zurückgewiesen wurden, Klage erhoben.

Rechtlicher Rahmen

3 Nach Artikel 12 EG ist unbeschadet besonderer Bestimmungen des EG-Vertrags in dessen Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

4 In den Artikeln 43 EG und 49 EG sind die Grundsätze der Niederlassungsfreiheit bzw. des freien Dienstleistungsverkehrs niedergelegt. Diese Bestimmungen sind besondere Ausprägungen des Diskrim...

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