Entscheidungsstichwort (Thema)
Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Anerkennung der Diplome. Richtlinien 89/48/EWG und 92/51/EWG. Beruf des Lehrers an Grund- und Hauptschulen. Inhaber eines Diploms über ein zweijähriges Hochschulstudium. Voraussetzungen der Berufsausübung
Beteiligte
Tenor
1. Artikel 1 Buchstabe a Unterabsatz 2 der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, ist dahin auszulegen, dass die Befähigung für den Beruf des Volksschullehrers, so wie sie früher aufgrund einer zweijährigen Ausbildung in Österreich erlangt worden ist, einem Diplom im Sinne des Unterabsatzes 1 dieser Vorschrift gleichgestellt ist, wenn die zuständigen Stellen dieses Mitgliedstaats bescheinigen, dass das nach einer zweijährigen Ausbildung erlangte Diplom als dem gegenwärtig nach einem dreijährigen Studium verliehenen Diplom gleichwertig angesehen wird und in diesem Mitgliedstaat in Bezug auf den Zugang zum Beruf des Volksschullehrers oder dessen Ausübung dieselben Rechte verleiht. Es ist Sache des nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung der von der Betroffenen gemäß Artikel 8 Absatz 1 dieser Richtlinie vorgelegten Nachweise sowie der für die Beurteilung dieser Nachweise geltenden innerstaatlichen Vorschriften zu bestimmen, ob die letzte in Artikel 1 Buchstabe a Unterabsatz 2 genannte Voraussetzung im Ausgangsverfahren als erfüllt anzusehen ist. Diese Voraussetzung betrifft das Recht, einen reglementierten Beruf auszuüben, und nicht das Entgelt und die sonstigen Arbeitsbedingungen, die in dem Mitgliedstaat gelten, der die Gleichwertigkeit einer alten Ausbildung und einer neuen Ausbildung anerkennt.
2. Ein Angehöriger eines Mitgliedstaats kann sich auf Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/48 gegenüber nationalen Vorschriften berufen, die dieser Richtlinie nicht entsprechen. Die Richtlinie steht derartigen Vorschriften entgegen, wenn sie für die Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat als im Aufnahmemitgliedstaat erworbenen oder anerkannten Befähigung für den Lehrerberuf ohne Ausnahme verlangen, dass die Hochschulausbildung eine Mindestdauer von drei Jahren hat und dass sie sich auf mindestens zwei der für die Lehrertätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat vorgeschriebenen Unterrichtsfächer erstreckt.
3. Ein Angehöriger eines Mitgliedstaats kann sich, wenn innerhalb der in Artikel 17 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48 vorgeschriebenen Frist keine Umsetzungsmaßnahmen erlassen worden sind, auf Artikel 3 Buchstabe a dieser Richtlinie stützen, um im Aufnahmemitgliedstaat die Anerkennung einer Befähigung für den Lehrerberuf wie der in Österreich aufgrund einer zweijährigen Ausbildung erworbenen zu erlangen. Unter Umständen wie denjenigen des Ausgangsverfahrens ist diese Möglichkeit weder aufgrund der Anwendung der abweichenden Regelung in Artikel 3 letzter Absatz dieser Richtlinie ausgeschlossen noch von der Voraussetzung abhängig, dass der Antragsteller vorher Ausgleichsmaßnahmen im Sinne von Artikel 4 dieser Richtlinie nachkommt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Verwaltungsgericht Stuttgart (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Ingeborg Beuttenmüller
gegen
Land Baden-Württemberg
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinien 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16), und 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. L 209, S. 25)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters P. Jann in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter C. W. A. Timmermans, A. Rosas (Berichterstatter), A. La Pergola und S. von Bahr,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: R. Grass,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- von Ingeborg Beuttenmüller, vertreten durch Rechtsanwalt T. Weber,
- des Landes Baden-Württemberg, vertreten durch J. Daur als Bevollmächtigten,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch M. Fruhmann als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia und H. Kreppel als Bevollmächtigte,
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. September 2003,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 5. März 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 20. März 2002, gemäß Artikel 234 EG sechs Fr...