Entscheidungsstichwort (Thema)

Völkerrechtliche Verträge. Abkommen von Jaunde. Viertes AKP-EWG-Abkommen von Lomé. Stillhaltebestimmung. Inländische Abgabe. Bananen

 

Beteiligte

Camar

Camar Srl

Presidenza del Consiglio dei Ministri

 

Tenor

1. Art. 14 des am 20. Juli 1963 in Jaunde unterzeichneten Abkommens über die Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den mit dieser Gemeinschaft assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar stand einer Besteuerung von Bananen somalischen Ursprungs wie der durch das Gesetz Nr. 986/1964 vom 9. Oktober 1964 eingeführten nicht entgegen.

2. Das nationale Gericht ist nicht verpflichtet, die konkreten Auswirkungen der Erhöhungen einer Abgabe auf Einfuhren von Bananen somalischen Ursprungs wie der durch die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung eingeführten gegenüber der Situation vor dem 1. April 1976 zu prüfen, um zu beurteilen, ob diese Erhöhungen mit der Stillhaltebestimmung in Art. 1 des Protokolls Nr. 5 betreffend Bananen vereinbar sind, das dem am 15. Dezember 1989 in Lomé unterzeichneten vierten AKP-EWG-Abkommen beigefügt ist. Erhöhungen einer solchen Abgabe, die sich darauf beschränken, diese im Verhältnis zur Inflation anzupassen, verstoßen jedoch nicht gegen die Stillhaltebestimmung.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Tribunale di Firenze (Italien) mit Entscheidung vom 20. Februar 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 13. März 2009, in dem Verfahren

Camar Srl

gegen

Presidenza del Consiglio dei Ministri

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. Malenovský, T. von Danwitz (Berichterstatter) und D. Šváby,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Camar Srl, vertreten durch W. Viscardini und G. Donà, avvocati,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Prete und A. Bordes als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 14 des am 20. Juli 1963 in Jaunde unterzeichneten Abkommens über die Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den mit dieser Gemeinschaft assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar (ABl. 1964, Nr. 93, S. 1431, im Folgenden: erstes Abkommen von Jaunde) und von Art. 1 des Protokolls Nr. 5 betreffend Bananen, das dem am 15. Dezember 1989 in Lomé unterzeichneten vierten AKP-EWG-Abkommen (ABl. 1991, L 229, S. 3, im Folgenden: viertes Abkommen von Lomé) beigefügt ist.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen einer Klage der Camar Srl (im Folgenden: Camar) gegen die Presidenza del Consiglio dei Ministri (Vorsitz des Ministerrats) auf Ersatz von Schäden, die Camar wegen Verletzung des Gemeinschaftsrechts durch die Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof) entstanden sein sollen.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrechtliche Übereinkünfte

Rz. 3

Art. 1 des ersten Abkommens von Jaunde, der zu Titel I („Warenverkehr”) gehört, bestimmt:

„Die Hohen Vertragsparteien haben sich in dem Bestreben, die Erweiterung des Handels zwischen den assoziierten Staaten und den Mitgliedstaaten zu fördern, ihre wirtschaftlichen Beziehungen und die wirtschaftliche Unabhängigkeit der assoziierten Staaten zu verstärken und somit zur Entwicklung des internationalen Handels beizutragen, über die nachstehenden Bestimmungen für ihre gegenseitigen Handelsbeziehungen geeinigt.”

Rz. 4

Art. 14 des ersten Abkommens von Jaunde sieht vor:

„Unbeschadet der besonderen Bestimmungen dieses Abkommens, insbesondere derjenigen des Artikels 3, nimmt jede Vertragspartei von allen Maßnahmen oder Praktiken interner steuerlicher Art Abstand, die unmittelbar oder mittelbar eine unterschiedliche Behandlung ihrer Erzeugnisse und gleichartiger Ursprungserzeugnisse der anderen Vertragsparteien bewirken.”

Rz. 5

Das erste Abkommen von Jaunde wurde durch das am 29. Juni 1969 in Jaunde unterzeichnete Abkommen über die Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den mit dieser Gemeinschaft assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar (ABl. 1970, L 282, S. 2, im Folgenden: zweites Abkommen von Jaunde) ersetzt. Art. 5 dieses Abkommens bestimmt fast gleichlautend mit Art. 14 des ersten Abkommens von Jaunde:

„Unbeschadet der besonderen Bestimmungen dieses Abkommens nimmt jede Vertragspartei von allen Maßnahmen oder Praktiken interner steuerlicher Art Abstand, die unmittelbar oder mittelbar eine unterschiedliche Behandlung ihrer Erzeugnisse und gleichartiger Ursprungserzeugnisse der anderen Vertragsparteien b...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge