Entscheidungsstichwort (Thema)
Zoll- und Steuerschulden wegen Zigarettenschmuggels im Rahmen von TIR-Transporten, Zoll- und Steuerschulden bei Waren in amtlicher Verwahrung, Beschlagnahmung oder Vernichtung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Waren, die bei ihrem Verbringen in das Zollgebiet der Gemeinschaft von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden in der Zone, in der sich die erste an einer Außengrenze der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet, in Verwahrung genommen und gleichzeitig oder später von diesen Behörden vernichtet werden, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, fallen unter den Tatbestand "beschlagnahmt und gleichzeitig oder später eingezogen" des Art. 233 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 955/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 1999 geänderten Fassung, so dass die Zollschuld gemäß dieser Bestimmung erlischt.
2. Die Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 3 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren in der durch die Richtlinie 96/99/EG des Rates vom 30. Dezember 1996 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass Waren, die von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden bei ihrem Verbringen in das Gebiet der Gemeinschaft beschlagnahmt und gleichzeitig oder später von diesen Behörden vernichtet werden, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, als nicht in die Gemeinschaft eingeführt anzusehen sind, so dass für diese Waren der Steuertatbestand nicht eintritt. Die Waren, die nach ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in dieses Gebiet, d. h. nach dem Verlassen der Zone, in der sich die erste innerhalb dieses Gebiets liegende Zollstelle befindet, von diesen Behörden beschlagnahmt und gleichzeitig oder später vernichtet worden sind, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, gelten nicht als "unter Steueraussetzung stehend" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie in Verbindung mit Art. 84 Abs. 1 Buchst. a und Art. 98 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 955/99 geänderten Fassung und Art. 867a Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1662/1999 der Kommission vom 28. Juli 1999 geänderten Fassung, so dass hinsichtlich dieser Waren der Steuertatbestand eintritt und der Verbrauchsteueranspruch entsteht.
3. Die Art. 2 Nr. 2, Art. 7 und 10 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 1999/85/EG des Rates vom 22. Oktober 1999 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass Waren, die von den örtlichen Zoll- und Steuerbehörden bei ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in das Gebiet der Gemeinschaft beschlagnahmt und gleichzeitig oder später von diesen Behörden vernichtet worden sind, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, als nicht in die Gemeinschaft eingeführt anzusehen sind, so dass der Mehrwertsteuertatbestand hinsichtlich dieser Waren nicht eingetreten und der Mehrwertsteueranspruch daher nicht entstanden ist. Die Bestimmungen der Art. 10 Abs. 3 Unterabs. 2 in Verbindung mit Art. 16 Abs. 1 Teil B Buchst. c dieser Richtlinie sowie Art. 867a der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 1662/1999 geänderten Fassung sind jedoch dahin auszulegen, dass hinsichtlich der Waren, die nach ihrem vorschriftswidrigen Verbringen in dieses Gebiet, d. h. von dem Zeitpunkt an, zu dem sie die Zone verlassen haben, in der sich die erste innerhalb der Gemeinschaft liegende Zollstelle befindet, von diesen Behörden beschlagnahmt und gleichzeitig oder später vernichtet worden sind, ohne dass sie dem Besitz der Behörden entzogen gewesen sind, der Mehrwertsteuertatbestand und der Mehrwertsteueranspruch eingetreten sind, auch wenn die Waren später einer Zollregelung unterstellt werden.
4. Die Art. 202, 215 Abs. 1 und 3 und Art. 217 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 955/1999 geänderten Fassung sowie die Art. 7 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 1999/85 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die Behörden des Mitgliedstaats, der an der Außengrenze der Gemeinschaft gelegen ist, über welche Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden sind, für die Erhebung der Zölle und der Mehrwertsteuer zuständig sind, auch wenn diese Waren später in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden sind, wo sie entdeckt und dann beschlagnahmt worden sind. Die Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. ...