Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Restriktive Maßnahmen gegen Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen. Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen. Verordnung (EG) Nr. 881/2002. Art. 2 Abs. 2. Verbot, den in Anhang I dieser Verordnung aufgeführten Personen Gelder zur Verfügung zu stellen. Geltungsbereich. An die Ehefrau einer in diesem Anhang aufgeführten Person ausgezahlte Leistungen der sozialen Sicherheit und Sozialhilfe
Beteiligte
Tenor
Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan in der durch die Verordnung (EG) Nr. 561/2003 vom 27. März 2003 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er auf staatliche Leistungen der sozialen Sicherheit oder Sozialhilfe an den Ehegatten einer Person, die vom durch Ziff. 6 der Resolution 1267 (1999) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen geschaffenen Ausschuss benannt wurde und in Anhang I dieser Verordnung in ihrer geänderten Fassung aufgeführt ist, nicht allein deshalb Anwendung findet, weil der Ehegatte mit der benannten Person zusammenlebt und einen Teil dieser Leistungen für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen zur Bezahlung von Waren und Dienstleistungen verwenden wird oder verwenden könnte, die die benannte Person konsumieren wird oder die ihr zugutekommen werden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom House of Lords (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 30. April 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Juli 2008, in dem Verfahren
The Queen, auf Antrag von
M u. a.,
gegen
Her Majesty's Treasury
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter C. W. A. Timmermans (Berichterstatter), K. Schiemann und P. Kuris,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von M u. a., vertreten durch B. Emerson, QC, S. Cox, Barrister, sowie H. Miller und K. Ashton, Solicitors,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch I. Rao als Bevollmächtigte im Beistand von J. Swift, Barrister,
- der estnischen Regierung, vertreten durch L. Uibo als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch S. Boelaert und P. Aalto als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Januar 2010
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan (ABl. L 139, S. 9) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 561/2003 des Rates vom 27. März 2003 (ABl. L 82, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 881/2002).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen M u. a. und Her Majesty's Treasury (Finanzministerium, im Folgenden: Treasury) wegen Entscheidungen, in denen das Treasury die Auffassung vertreten hat, dass es durch die in Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 881/2002 vorgeschriebene restriktive Maßnahme verboten sei, den Klägerinnen der Ausgangsverfahren, Ehefrauen von Personen, die vom durch Ziff. 6 der Resolution 1267 (1999) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen geschaffenen Ausschuss benannt wurden und in Anhang I der Verordnung Nr. 881/2002 aufgeführt sind (im Folgenden: benannte Person[en], Sicherheitsrat bzw. Sanktionsausschuss), Leistungen der sozialen Sicherheit und Sozialhilfe zu gewähren.
Rechtlicher Rahmen
Resolutionen des Sicherheitsrats
Rz. 3
Am 16. Januar 2002 verabschiedete der Sicherheitsrat die Resolution 1390 (2002), mit der die Maßnahmen festgelegt werden, die die Mitgliedstaaten gegen Osama bin Laden, Mitglieder der Al-Qaida-Organisation und die Taliban sowie andere mit ihnen verbündete Personen, Gruppen, Untern...