Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus. Gemeinsamer Standpunkt 2001/931/GASP. Verordnung (EG) Nr. 2580/2001- Art. 2 und 3. Aufnahme einer Organisation in die Liste der an terroristischen Handlungen beteiligten Personen, Vereinigungen und Körperschaften. Weiterleitung aus Spendensammlungen und dem Verkauf von Publikationen stammender Gelder durch Mitglieder der Organisation an diese
Beteiligte
Tenor
1. Die Aufnahme der Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi (DHKP-C) in die Liste nach Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 des Rates vom 27. Dezember 2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus ist ungültig und kann daher nicht dazu beitragen, eine strafrechtliche Verurteilung, die an einen vermeintlichen Verstoß gegen diese Verordnung anknüpft, für die Zeit vor dem 29. Juni 2007 zu stützen.
2. Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2580/2001 ist dahin auszulegen, dass er den Fall erfasst, in dem ein Mitglied einer in der Liste nach Art. 2 Abs. 3 der Verordnung aufgeführten juristischen Person, Vereinigung oder Körperschaft an diese juristische Person, Vereinigung oder Körperschaft Gelder, andere finanzielle Vermögenswerte oder wirtschaftliche Ressourcen weiterleitet, die bei Außenstehenden gesammelt oder von ihnen erlangt wurden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 21. Dezember 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Dezember 2009, in der Strafsache gegen
E,
F
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts (Berichterstatter) und J.-C. Bonichot, der Kammerpräsidentinnen P. Lindh und C. Toader sowie der Richter E. Juhász, G. Arestis, A. Borg Barthet, M. Ilešič, T. von Danwitz und A. Arabadjiev,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des Beschlusses des Präsidenten des Gerichtshofs vom 1. März 2010, die Rechtssache dem beschleunigten Verfahren gemäß Art. 23a der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 104a Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zu unterwerfen,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof, vertreten durch V. Homann und K. Lohse als Bevollmächtigte,
- von E, vertreten durch die Rechtsanwälte F. Hess und A. Nagler,
- von F, vertreten durch die Rechtsanwältinnen B. Eder und A. Pues,
- der französischen Regierung, vertreten durch E. Belliard, G. de Bergues und L. Butel als Bevollmächtigte,
- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch Z. Kupcova, E. Finnegan und R. Szostak als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch T. Scharf und M. Konstantinidis als Bevollmächtigte,
nach Anhörung des Generalanwalts
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft zum einen die Gültigkeit der Aufnahme der Organisation Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi (DHKP-C) in die Liste der der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 des Rates vom 27. Dezember 2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (ABl. L 344, S. 70) unterfallenden Personen, Vereinigungen und Körperschaften und zum anderen die Auslegung der Art. 2 und 3 dieser Verordnung.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen E und F (im Folgenden gemeinsam: Angeklagte), die sich zurzeit in Deutschland in Untersuchungshaft befinden und denen vorgeworfen wird, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu sein und gegen die Art. 2 und 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 verstoßen zu haben.
Rechtlicher Rahmen
Völkerrecht
Rz. 3
Nach den am 11. September 2001 in New York, Washington und Pennsylvanien verübten Terroranschlägen verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 28. September 2001 die Resolution 1373 (2001).
Rz. 4
In der Präambel dieser Resolution wird die Notwendigkeit bekräftigt, „durch terroristische Handlungen verursachte Bedrohungen des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit mit allen Mitteln im Einklang mit der Charta [der Vereinten Nationen] zu bekämpfen”. Weiter heißt es darin, dass die Staaten „die internationale Zusammenarbeit durch zusätzliche Maßnahmen ergänzen müssen, um die Finanzierung und Vorbereitung terroristischer Handlungen in ihrem Hoheitsgebiet mit allen rechtlich zulässigen Mitteln zu verhüten und zu bekämpfen”.
Rz. 5
In Ziff. 1 der genannten Resolution beschließt der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen,
„dass alle Staaten
- die Finanzierung terroristischer Handlungen verhüten und bekämpfen werd...