Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zweck der Bekämpfung von Straftaten. Datenminimierung. Beschränkung der Speicherung. Angemessene Fristen für die Löschung oder regelmäßige Überprüfung der Notwendigkeit der Speicherung. Verarbeitung biometrischer und genetischer Daten. Unbedingte Erforderlichkeit. Recht auf Löschung. Einschränkung der Verarbeitung. Rechtskräftig verurteilte und später rehabilitierte natürliche Person. Frist für die Datenspeicherung bis zum Tod. Kein Recht auf Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung. Verhältnismäßigkeit

 

Normenkette

EURL 680/2016 Art. 4 Abs. 1 Buchst. c, e, Art. 5, 10, 16 Abs. 2-3; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 52 Abs. 1

 

Beteiligte

Direktor na Glavna direktsia „Natsionalna politsia“ pri MVR - Sofia

NG

Direktor na Glavna direktsia „Natsionalna politsia“ pri Ministerstvo na vatreshnite raboti– Sofia

 

Tenor

Art. 4 Abs. 1 Buchst. c und e der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates in Verbindung mit ihren Art. 5 und 10, ihrem Art. 13 Abs. 2 Buchst. b und ihrem Art. 16 Abs. 2 und 3 sowie im Licht der Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union

ist dahin auszulegen, dass

er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die vorsehen, dass die Polizeibehörden zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung personenbezogene und insbesondere biometrische und genetische Daten, die wegen einer vorsätzlichen Offizialstraftat rechtskräftig verurteilte Personen betreffen, speichern, und zwar bis zum Tod der betroffenen Person und auch im Fall ihrer Rehabilitierung, ohne den Verantwortlichen zu verpflichten, regelmäßig zu überprüfen, ob diese Speicherung noch notwendig ist, und ohne dieser Person das Recht auf Löschung dieser Daten, sobald deren Speicherung für die Zwecke, für die sie verarbeitet worden sind, nicht mehr erforderlich ist, oder gegebenenfalls das Recht auf Beschränkung der Verarbeitung dieser Daten zuzuerkennen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-118/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Varhoven administrativen sad (Oberstes Verwaltungsgericht, Bulgarien) mit Entscheidung vom 10. Januar 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Februar 2022, in dem Verfahren

NG

gegen

Direktor na Glavna direktsia „Natsionalna politsia“ pri Ministerstvo na vatreshnite raboti–Sofia,

Beteiligte:

Varhovna administrativna prokuratura,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen, des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentinnen A. Prechal und K. Jürimäe, des Kammerpräsidenten N. Piçarra, der Kammerpräsidentin O. Spineanu-Matei, der Richter M. Ilešič und J.-C. Bonichot, der Richterin L. S. Rossi sowie der Richter I. Jarukaitis, A. Kumin, N. Jääskinen, N. Wahl und D. Gratsias (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: R. Stefanova-Kamisheva, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2023,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • –        von NG, vertreten durch P. Kuyumdzhiev, Advokat,
  • –        der bulgarischen Regierung, vertreten durch M. Georgieva, T. Mitova und E. Petranova als Bevollmächtigte,
  • –        der tschechischen Regierung, vertreten durch O. Serdula, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
  • –        von Irland, vertreten durch M. Browne, A. Joyce und M. Tierney als Bevollmächtigte im Beistand von D. Fennelly, BL,
  • –        der spanischen Regierung, vertreten durch A. Ballesteros Panizo und J. Rodríguez de la Rúa Puig als Bevollmächtigte,
  • –        der niederländischen Regierung, vertreten durch A. Hanje als Bevollmächtigte,
  • –        der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, D. Łukowiak und J. Sawicka als Bevollmächtigte,
  • –        der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Bouchagiar, C. Georgieva, H. Kranenborg und F. Wilman als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Juni 2023

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. 2016, L 119, S...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?