Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen. Soziale Sicherheit. Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Art. 15, 27 und 28. Art. 39 EG und 42 EG. Ehemaliger Wanderarbeitnehmer. Berufliche Tätigkeit im Herkunftsmitgliedstaat und in einem anderen Mitgliedstaat. Ruhestand im Herkunftsmitgliedstaat. Von beiden Mitgliedstaaten gezahlte Rente. Eigenständiges System der sozialen Sicherheit zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit. Vorhandensein im früheren Beschäftigungsmitgliedstaat. Freiwillige Weiterversicherung in diesem System. Fortbestand des Anspruchs auf Pflegegeld nach Rückkehr in den Herkunftsmitgliedstaat
Beteiligte
Joao Filipe da Silva Martins |
Bank Betriebskrankenkasse – Pflegekasse |
Tenor
Die Art. 15 und 27 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung und geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1386/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 stehen nicht dem entgegen, dass eine Person in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, die Altersrente aus den Rentenkassen sowohl ihres Herkunftsmitgliedstaats als auch des Mitgliedstaats bezieht, in dem sie den größten Teil ihres Berufslebens verbracht hat, und die aus dem letztgenannten Mitgliedstaat in ihren Herkunftsmitgliedstaat umgezogen ist, aufgrund einer freiwilligen Weiterversicherung in einem eigenständigen System der Pflegeversicherung des Mitgliedstaats, in dem sie den größten Teil ihres Berufslebens verbracht hat, weiterhin eine dieser Versicherung entsprechende Geldleistung in Anspruch nehmen kann, insbesondere falls – was das vorlegende Gericht zu prüfen hat – im Wohnsitzmitgliedstaat keine Geldleistungen gewährt werden, die das spezifische Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen.
Wenn hingegen in den Rechtsvorschriften des Wohnsitzmitgliedstaats Geldleistungen, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen, vorgesehen sind, dies aber nur in einer Höhe, die unter dem Betrag der Leistungen liegt, die sich auf dieses beziehen und von dem anderen Mitgliedstaat gewährt werden, der eine Rente schuldet, ist Art. 27 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung und geändert durch die Verordnung Nr. 1386/2001 dahin auszulegen, dass eine solche Person gegenüber dem zuständigen Träger des letztgenannten Staates einen Anspruch auf eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen den beiden Beträgen hat.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundessozialgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 22. April 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Oktober 2009, in dem Verfahren
Joao Filipe da Silva Martins
gegen
Bank Betriebskrankenkasse – Pflegekasse
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, der Richter A. Arabadjiev, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh (Berichterstatter) sowie der Richterin P. Lindh,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn da Silva Martins, vertreten durch Rechtsanwalt G. Krutzki,
- der Bank Betriebskrankenkasse – Pflegekasse, vertreten durch Rechtsanwalt T. Henz und S. Klein,
- der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und C. Blaschke als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und E. Silveira als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch H. Walker als Bevollmächtigte im Beistand von T. Ward, Barrister,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch V. Kreuschitz als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Januar 2011
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 27 und 28 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung und geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1386/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 (ABl. L 187, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) sowie der Art. 39 EG und 42 EG.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn da Silva Martins und der Bank Betriebskrankenkasse – Pflegekasse (im Folgenden: Bank BKK) über die freiwillige Weiterv...