Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Umstrukturierungsbeihilfe. Bankensektor. Vorprüfungsphase. Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird. Umstrukturierungsplan. Verpflichtungszusagen des betreffenden Mitgliedstaats. Lastenverteilungsmaßnahmen. Umwandlung nachrangiger Forderungen in Eigenkapital. Inhaber von Schuldverschreibungen. Nichtigkeitsklage. Zulässigkeit. Klagebefugnis. Unmittelbar und individuell betroffene natürliche oder juristische Person. Verletzung der Verfahrensrechte der Beteiligten. Nichteröffnung des förmlichen Prüfverfahrens. Begriff ‚Beteiligte’. Von der Europäischen Kommission berücksichtigte nationale Maßnahmen. Unzulässigkeit der Klage
Normenkette
AEUV Art. 107-108, 263 Abs. 4, Art. 108 Abs. 2; Verordnung (EU) 2015/1589 Art. 1 Buchst. h
Beteiligte
Bybrook Capital Master Fund LP |
Bybrook Capital Hazelton Master Fund LP |
Bybrook Capital Badminton Fund LP |
Tenor
1. Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 24. Februar 2021, Braesch u. a./Kommission (T-161/18, EU:T:2021:102), wird aufgehoben.
2. Die Klage von Anthony Braesch, der Trinity Investments DAC, der Bybrook Capital Master Fund LP, der Bybrook Capital Hazelton Master Fund LP und der Bybrook Capital Badminton Fund LP auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 4690 final der Kommission vom 4. Juli 2017 über die staatliche Beihilfe SA.47677 (2017/N) – Italien – Neue Beihilfe und geänderter Plan zur Umstrukturierung der Banca Monte dei Paschi di Siena wird als unzulässig abgewiesen.
3. Anthony Braesch, die Trinity Investments DAC, die Bybrook Capital Master Fund LP, die Bybrook Capital Hazelton Master Fund LP und die Bybrook Capital Badminton Fund LP tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission im Verfahren des ersten Rechtszugs und im Rechtsmittelverfahren.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 3. Mai 2021,
Europäische Kommission, vertreten durch K. Blanck und A. Bouchagiar als Bevollmächtigte,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Anthony Braesch, wohnhaft in Luxemburg (Luxemburg),
Trinity Investments DAC mit Sitz in Dublin (Irland),
Bybrook Capital Master Fund LP mit Sitz in Grand Cayman (Kaimaninseln),
Bybrook Capital Hazelton Master Fund LP mit Sitz in Grand Cayman,
Bybrook Capital Badminton Fund LP mit Sitz in Grand Cayman,
vertreten durch A. Champsaur, Avocate, sowie durch G. Faella, L. Prosperetti und M. Siragusa, Avvocati,
Kläger im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen, der Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, E. Regan (Berichterstatter), M. Safjan, P. G. Xuereb und D. Gratsias, der Kammerpräsidentin M. L. Arastey Sahún, der Richter F. Biltgen, I. Jarukaitis, N. Jääskinen und N. Wahl, der Richterin I. Ziemele sowie der Richter J. Passer und M. Gavalec,
Generalanwalt: A. Rantos,
Kanzler: M. Longar, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. April 2022,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Juni 2022
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 24. Februar 2021, Braesch u. a./Kommission (T-161/18, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:102). Mit diesem Urteil hat das Gericht die Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen, die im Rahmen der Klage des Herrn Anthony Braesch, der Trinity Investments DAC, der Bybrook Capital Master Fund LP, der Bybrook Capital Hazelton Master Fund LP und der Bybrook Capital Badminton Fund LP (im Folgenden: Braesch u. a.) nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 4690 final der Kommission vom 4. Juli 2017 über die staatliche Beihilfe SA.47677 (2017/N) – Italien – Neue Beihilfe und geänderter Plan zur Umstrukturierung der Banca Monte dei Paschi di Siena (im Folgenden: streitiger Beschluss) erhoben worden war.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung (EU) 2015/1589
Rz. 2
In Art. 1 („Definitionen”) der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) heißt es:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
b) ‚bestehende Beihilfen’
…
ii) genehmigte Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die von der Kommission oder vom Rat [der Europäischen Union] genehmigt wurden;
…
c) ‚neue Beihilfen’ alle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen;
…
f) ‚rechtswidrige Beihilfen’ neue Beihilfen, die unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV eingeführt werden;
g) ‚missbräuchliche Anwendung von Beihilfen’ Beihilfen, die der Empfänger ...