Julia Roglmeier, Nina Lenz-Brendel
5.4.1 Zuständigkeit aufgrund Gerichtsstandvereinbarung
Die Verordnung versagt dem Erblasser die Möglichkeit, neben dem anwendbaren Heimatrecht die dortigen Gerichte zu prorogieren. Eine Gerichtsstandsvereinbarung der betroffenen Parteien ist allerdings dann möglich, wenn der Erblasser nach Art. 22 EuErbVO eine Rechtswahl bezüglich der Anwendung des materiellen Rechts eines Mitgliedstaats für seine Rechtsnachfolge von Todes wegen getroffen hat. Ist dies der Fall, können die Beteiligten vereinbaren, dass für Entscheidungen in Erbsachen ausschließlich ein Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig sein sollen.
Auch in dieser Regelung zeigt sich die Intention des Verordnungsgebers, die nationalen Gerichte vor den in der Regel sehr aufwendigen Ermittlungen ausländischen Rechts zu bewahren.
Nach Art. 7 EuErbVO stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung, die deutsche Gerichtsbarkeit zu begründen:
- Das ausländische Gericht kann sich nach Antrag wegen fehlender Sachnähe für unzuständig erklären (sog. "forum non conveniens-Klausel"), Art. 7a, Art. 6a EuErbVO
oder
- die Beteiligten können sich per Gerichtsstandsvereinbarung auf die Zuständigkeit der Heimatgerichte einigen (sog. förmliche Gerichtsstandsvereinbarung), Art. 7b, Art. 6b EuErbVO
oder
- die Beteiligten können die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts anerkennen (sog. formlose Gerichtsstandsanerkennung), Art. 7c EuErbVO.
Formalia der Gerichtsstandvereinbarung
Gemäß Art. 5 EuErbVO bedarf die Gerichtsstandsvereinbarung der Schriftform und ist zu datieren. Elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, sind der Schriftform gleichgestellt.
5.4.2 Zuständigkeit aufgrund rügeloser Einlassung
Da die Beteiligten einer Nachlasssache oftmals erst im Laufe eines Gerichtsverfahrens ermittelt werden, droht im Fall der vorherigen Prorogation – trotz unter Umständen bereits umfangreicher rechtlicher und tatsächlicher Erörterungen – der nachträgliche Wegfall der vereinbarten Zuständigkeit. In diesem Fall eröffnet Art. 9 EuErbVO die Möglichkeit des Beitritts der neu ermittelten Verfahrensparteien durch rügelose Einlassung.
Lassen sich die neu ermittelten Verfahrensparteien nicht auf das Verfahren ein bzw. rügen diese die Unzuständigkeit, erklärt sich das Gericht gemäß Art. 9 Abs. 2 EuErbVO für unzuständig. Die Zuständigkeit wird sodann nach Art. 4 oder Art. 10 EuErbVO (neu) ermittelt, eine Verweisung bzw. Abgabe wie im deutschen Prozessrecht, sieht die Europäische Erbrechtsverordnung für diese Fälle nicht vor.
Aufhebung und Abänderung von gerichtlichen Alt-Maßnahmen
Ungeklärt ist in diesem Zusammenhang allerdings unter anderem, inwieweit das (neu) zuständige Gericht Maßnahmen des vorangegangenen Gerichts aufheben oder abändern kann.