Julia Roglmeier, Nina Lenz-Brendel
Die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen ist in Kapitel IV und dort in den Art. 39–58 EuErbVO geregelt.
Keine Vollstreckbarkeit von Erbscheinen
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen nicht auf Erbscheine eines anderen Mitgliedstaats bezieht, da Erbscheine zum einen ohnehin nicht vollstreckbar sind und zum anderen die Vorschriften zum Europäischen Nachlasszeugnisses hier greifen, welches gerade zur Verwendung auf europäischer Ebene vorgesehen ist.
Eine "Entscheidung" ist nach der Begriffsbestimmung gemäß Art. 3 Abs. 1g EuErbVO jede von einem Gericht eines Mitgliedstaats in einer Erbsache erlassene Entscheidung ungeachtet ihrer Bezeichnung, einschließlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses eines Gerichtsbediensteten.
Gemäß Art. 3 Abs. 2 EuErbVO ist mit "Gericht" nicht nur jedes Gericht des jeweiligen Mitgliedstaats gemeint, sondern auch alle sonstigen Behörden und Angehörigen von Rechtsberufen mit Zuständigkeiten in Erbsachen, die gerichtliche Funktionen ausüben. Gemäß Art. 79 Abs. 1 EuErbVO müssen hierbei die Mitgliedstaaten der Kommission Mitteilung über die in Art. 3 Abs. 2 EuErbVO genannten sonstigen Behörden und Angehörigen von Rechtsberufen machen.
7.1 Anerkennung von Entscheidungen
Gemäß Art. 39 Abs. 1 EuErbVO werden in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen der Gerichte in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Ist die Frage, ob eine Entscheidung anzuerkennen ist streitgegenständlich, so kann jede Partei, die die Anerkennung geltend macht, in dem Verfahren die entsprechende Feststellung durch das Gericht beantragen, Art. 39 Abs. 1 EuErbVO.
Die Gründe für eine Nichtanerkennung ergeben sich abschließend aus Art. 40a–d EuErbVO. Demnach wird eine Entscheidung nicht anerkannt, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Mitgliedstaats, in dem sie geltend gemacht wird, offensichtlich widersprechen würde oder wenn diese einen schwerwiegenden Verstoß gegen prozessuales Rechts darstellen würde. Ferner wird eine Anerkennung verweigert, wenn die Entscheidung im Widerspruch zu einer anderen Entscheidung des Anerkennungsstaats zum gleichen Streitgegenstand oder zwischen denselben Parteien steht.
7.2 Vollstreckbarkeit von Entscheidungen
Die Regelungen zur Vollstreckung von Entscheidungen finden sich in den Art. 43–58 EuErbVO.
Soll eine in einem Mitgliedstaat ergangenen vollstreckbare Entscheidungen in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden, ist ein Antrag des Berechtigten in diesem anderen Mitgliedstaat notwendig, Art. 43 EuErbVO. Gemäß Art. 46 Abs. 2 EuErbVO muss der Antragsteller in dem Vollstreckungsmitgliedstaat dabei weder über eine Postanschrift noch über einen bevollmächtigten Vertreter verfügen.
Dem Antrag sind nach Art. 46 Abs. 3 EuErbVO eine Ausfertigung der Entscheidung und eine Bescheinigung des Gerichts oder der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates, in dem die Entscheidung ergangen ist, beizufügen. Gemäß Art. 47 Abs. 1 EuErbVO kann sich das Gericht statt der Bescheinigung mit einer gleichwertigen Urkunde zufriedengeben oder von der Vorlage der Bescheinigung ganz absehen, wenn kein weiterer Klärungsbedarf besteht.
Sobald der Antrag formal wirksam gestellt ist, wird die Entscheidung unverzüglich für vollstreckbar erklärt (Art. 48 S. 1 EuErbVO), ohne dass eine Prüfung nach Art. 40 EuErbVO, also zur Entscheidung über die Nichtanerkennung, erfolgt.
Die Partei, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll, erhält in diesem Abschnitt des Verfahrens keine Gelegenheit, eine Erklärung abzugeben, Art. 48 S. 1 EuErbVO. Erst im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung, Art. 50 EuErbVO oder im Rechtsbehelf gegen die Entscheidung über den Rechtsbehelf, Art. 51 EuErbVO, wird geprüft, ob die Anerkennung auf Grund eines der in Art. 40 EuErbVO aufgeführten Gründe versagt oder aufgehoben wird.
7.3 Deutsches Ausführungsgesetz
Seit 17.8.2015 ist das Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 29. Juni 2015 in Kraft.
Es beinhaltet mit dem Internationalen Erbrechtsverfahrensgesetz ein spezielles Gesetz mit nationalen Durchführungsvorschriften, damit die EU-Erbrechtsverordnung in der deutschen Praxis funktionieren kann und beinhaltet insbesondere folgende Themenkomplexe:
Die neuen Vorschriften ...