Präambel

Die Mitgliedstaaten des Europarats und die anderen Staaten, die dieses Übereinkommen unterzeichnen -

in der Erwägung, dass es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herbeizuführen;

im Hinblick auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, insbesondere Artikel 4, der die Vertragsstaaten verpflichtet, alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Verwirklichung der in dem genannten Übereinkommen anerkannten Rechte zu treffen;

in Anbetracht des Inhalts der Empfehlung 1121 (1990) der Parlamentarischen Versammlung über die Rechte des Kindes;

überzeugt, dass die Rechte und das Wohl von Kindern gefördert werden und Kinder zu diesem Zweck Gelegenheit haben sollten, ihre Rechte insbesondere in sie berührenden familienrechtlichen Verfahren auszuüben;

in der Erkenntnis, dass Kinder sachdienliche Auskünfte erhalten sollten, damit diese Rechte und dieses Wohl gefördert werden können, und dass die Meinung der Kinder gebührend berücksichtigt werden sollte;

in Anerkennung der Bedeutung der Rolle der Eltern beim Schutz und bei der Förderung der Rechte und des Wohls von Kindern und in der Erwägung, dass die Staaten sich erforderlichenfalls auch an diesem Schutz und dieser Förderung beteiligen sollten;

in der Erwägung jedoch, dass es im Konfliktfall wünschenswert ist, dass die Familien sich zu einigen versuchen, bevor sie die Angelegenheit einer Justizbehörde unterbreiten -

sind wie folgt übereingekommen:

Art. 1 - 2 Kapitel l Anwendungsbereich und Ziel des Übereinkommens sowie Begriffsbestimmungen

Art. 1 Anwendungsbereich und Ziel des Übereinkommens

 

(1) Dieses Übereinkommen ist auf Kinder anzuwenden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

 

(2) Ziel dieses Übereinkommens ist es, zum Wohl von Kindern deren Rechte zu fördern, ihnen prozessuale Rechte zu gewähren und die Ausübung der Rechte zu erleichtern, indem sichergestellt wird, dass Kindern selbst oder mit Hilfe anderer Personen oder Stellen in Kinder berührenden Verfahren vor einer Justizbehörde Auskunft erteilt und die Teilnahme gestattet wird.

 

(3) Im Sinne dieses Übereinkommens sind Kinder berührende Verfahren vor einer Justizbehörde familienrechtliche Verfahren, insbesondere in Bezug auf die Ausübung der elterlichen Verantwortung, Beispielsweise die Bestimmung des Aufenthalts von Kindern und den persönlichen Umgang mit ihnen.

 

(4) Jeder Staat gibt bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung mindestens drei Arten von familienrechtlichen Verfahren vor einer Justizbehörde an, auf die dieses Übereinkommen anzuwenden ist.

 

(5) Jede Vertragspartei kann durch eine weitere Erklärung zusätzliche Arten familienrechtlicher Verfahren angeben, auf die dieses Übereinkommen anzuwenden ist, oder Auskünfte über die Anwendung des Artikels 5, des Artikels 9 Absatz 2, des Artikels 10 Absatz 2 und des Artikels 11 erteilen.

 

(6) Dieses Übereinkommen hindert die Vertragsparteien nicht, Regeln anzuwenden, die für die Förderung und die Ausübung von Kinderrechten günstiger sind.

Art. 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet:

 

a)

"Justizbehörde" ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde mit entsprechen den Befugnissen;

 

b)

"Träger elterlicher Verantwortung" Eltern und andere Personen oder Stellen, die berechtigt sind, elterliche Verantwortung teilweise oder in vollem Umfang auszuüben;

 

c)

"Vertreter" eine Person, zum Beispiel einen Rechtsanwalt, oder eine Stelle, die bestellt ist, ein Kind vor einer Justizbehörde zu vertreten;

 

d)

"sachdienliche Auskünfte" Auskünfte, die dem Alter und dem Verständnis des Kindes angemessen sind und die erteilt werden, um es zu befähigen, seine Rechte in vollem Umfang auszuüben, sofern nicht die Erteilung solcher Auskünfte dem Wohl des Kindes widerspricht.

Art. 3 - 15 Kapitel II Verfahrensrechtliche Maßnahmen zur Förderung der Ausübung von Kinderrechten

Art. 3 - 5 A. Verfahrensrechte eines Kindes

Art. 3 Recht, in Verfahren Auskunft zu erhalten und seine Meinung zu äußern

Einem Kind, das nach innerstaatlichern Recht als hinreichend verständig angesehen wird, werden in es berührenden Verfahren vor einer Justizbehörde folgende Rechte gewährt, die zu verlangen es berechtigt ist:

 

a)

alle sachdienlichen Auskünfte zu erhalten;

 

b)

angehört zu werden und seine Meinung zu äußern;

 

c)

über die möglichen Folgen einer Berücksichtigung seiner Meinung und die möglichen Folgen einer Entscheidung unterrichtet zu werden.

Art. 4 Recht, die Bestellung eines besonderen Vertreters zu beantragen

 

(1) Vorbehaltlich des Artikels 9 hat ein Kind das Recht, persönlich oder mit Hilfe anderer Personen oder Stellen einen besonderen Vertreter in einem es berührenden Verfahren vor einer Justizbehörde zu beantragen, soweit nach innerstaatlichem Recht die Träger elterlicher Verantwortung wegen eines Interessenkonflikts zwischen ihnen und dem Kind von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen sind.

 

(2) Es steht den Staaten frei, das in Absatz 1 vorgesehene Recht auf Kinder zu beschränken, die nach innerstaatlichem Recht als hinreichend verständig angesehen werden.

Art. 5 Andere mögliche Verfahrensrechte

Die Vertragsparteien erwägen, Kindern in Bezug auf sie berührende Verfahren vor einer Justizbehörde zusätzliche Verfahrensrechte zu gewähren, insbesondere

 

a)

das Recht, den Beistand einer geeigneten Person ihrer Wahl zu beantragen, die ihnen hilf...

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