Ralph Gübner, Dr. Axel Deutscher
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Bei Regelfällen ist die Dauer des Fahrverbots durch den BKat vorgegeben. Außerhalb dessen kann das Fahrverbot 1–3 Monate betragen. |
2. |
Eine Erhöhung des Regelsatzes erfordert eine Prognose, dass ein Fahrverbot bei Regeldauer zur Einwirkung auf den Betroffenen nicht ausreicht. |
3. |
Die Verkürzung eines mehrmonatigen Fahrverbots kommt insbesondere in den Fällen des erheblichen Zeitablaufs zwischen Tat und Ahndung in Betracht. |
Rdn 1628
Literaturhinweise:
Fromm, Konkurrenzregeln und Bußgeldbemessung bei mehreren Verkehrsordnungswidrigkeiten auf derselben Fahrt, DAR 2011, 112
ders., Neues zur Dauer des bußgeldrechtlichen Fahrverbots nach § 25 Abs. 1 Satz 2 StVG, VRR 2011, 331.
Rdn 1629
1. § 25 Abs. 1 StVG gibt für die Dauer des bußgeldrechtlichen Fahrverbots einen Rahmen von 1–3 Monaten vor. Bei den Regelbeispielen für grobe Pflichtverletzungen sieht § 4 Abs. 1 BKatV i.V.m. den entsprechenden Nummern des BKat Regelsätze für die jeweiligen Verstöße vor, wobei grds. einmonatige und nur bei besonders schwerwiegenden Verstößen längere Fahrverbote angesetzt sind. Beim Regelfall der beharrlichen Pflichtverletzung nach § 4 Abs. 2 BKatV ist ein Fahrverbot von 1 Monat vorgesehen. Bei der Trunkenheits- bzw. Drogenfahrt sind nach § 4 Abs. 3 BKatV i.V.m. Nr. 241–242.2 BKat beim Ersttäter 1 Monat und beim Wiederholungstäter 3 Monate Fahrverbot zu verhängen (zu den erforderlichen Feststellungen beim Wiederholungstäter OLG Bamberg zfs 2016, 469).
Rdn 1630
2. Es stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Erhöhung der hiernach als Regelsatz vorgegebenen Fahrverbotsdauer auf bis zu 3 Monate zulässig ist.
Rdn 1631
a) Bei den Regelbeispielen für grobe Pflichtverletzungen nach § 4 Abs. 1 BKatV ist für eine solche Abweichung nach oben erforderlich, dass sich aus in der Person des Betroffenen oder der Tat liegenden Umständen gewichtige Gründe für die Prognose ergeben, dass die Regeldauer zur erzieherischen Einwirkung auf den Betroffenen nicht ausreicht (BayObLG NZV 1994, 487; 1999, 97; DAR 1999, 221; OLG Hamm NZV 2001, 178; DAR 2002, 324). Es genügt nicht, dass das längere Fahrverbot keine beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteile nach sich zieht oder dies anderweitig zumutbar abwendbar wäre (BayObLG NZV 1994, 487).
☆ Die berufliche oder soziale Stellung des Betroffenen kann nur dann auf die Rechtsfolgenbemessung negativ durchschlagen, wenn zwischen dieser und der Tat eine innere Beziehung besteht und das Urteil hierzu Feststellungen aufweist (OLG Bamberg NJW 2011, 1241 = DAR 2011, 92 = VRR 2011, 72 [Anhebung der Regelgeldbuße bei einem Landtagsabgeordneten]).berufliche oder soziale Stellung des Betroffenen kann nur dann auf die Rechtsfolgenbemessung negativ durchschlagen, wenn zwischen dieser und der Tat eine innere Beziehung besteht und das Urteil hierzu Feststellungen aufweist (OLG Bamberg NJW 2011, 1241 = DAR 2011, 92 = VRR 2011, 72 [Anhebung der Regelgeldbuße bei einem Landtagsabgeordneten]).
Rdn 1632
Eine solche Prognose kann beim Ersttäter in aller Regel nicht bejaht werden (OLG Düsseldorf NZV 1998, 384; OLG Hamm NZV 2001, 178). Hingegen ist die frühere Anordnung eines Fahrverbots sowie das Vorliegen sonstiger erheblicher und einschlägiger Voreintragungen ein Aufhänger für eine solche Prognose (BayObLG NZV 1999, 97; 2000, 380; KG DAR 2001, 318; OLG Hamm NZV 2001, 178). Nicht ausreichend soll jedoch ein früheres Fahrverbot selbst bei insgesamt sieben Vorbelastungen sein, wenn dessen Anordnung bereits 4 Jahre zurückliegt (BayObLG DAR 2000, 39). Außerhalb dessen genügen auch mehrere, aber geringfügige Vorbelastungen für die Prognose nicht (BayObLG DAR 1999, 21; KG, VRS 108, 290).
☆ Nach Ansicht des OLG Düsseldorf (NZV 1998, 384) sprechen weder die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung noch die vorsätzliche Tatbegehung zwingend für eine tatbezogene Begründung der Prognose. Auch dem OLG Koblenz (VRR 2010, 229) genügt vorsätzliches Handeln als solches nicht für eine Verdoppelung der Regeldauer (ebenso OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.4.2021 – 2 Ss (OWi) 88/21, DAR 2021, 643). Demgegenüber hat das KG (NZV 2005, 159) die Ansicht vertreten, bei einer vorsätzlichen Überschreitung um fast 100 % sei eine Anhebung des Fahrverbots auf 2 Monate angezeigt (ähnl. OLG Hamm DAR 2005, 407 bei ungewöhnlich groben Verstößen). Beim qualifizierten Rotlichtverstoß genügt die besonders lang anhaltende Dauer der Rotlichtphase nicht für eine Verlängerung der Regeldauer (KG NZV 2010, 584 = VRS 118, 187 = VA 2010, 136).Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung noch die vorsätzliche Tatbegehung zwingend für eine tatbezogene Begründung der Prognose. Auch dem OLG Koblenz (VRR 2010, 229) genügt vorsätzliches Handeln als solches nicht für eine Verdoppelung der Regeldauer (ebenso OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.4.2021 – 2 Ss (OWi) 88/21, DAR 2021, 643). Demgegenüber hat das KG (NZV 2005, 159) die Ansicht vertreten, bei einer vorsätzlichen Überschreitung um fast 100 % sei eine Anhebung des Fahrverbots auf 2 Monate angezeigt (ähnl. OLG ...