Leitsatz

  1. Erforderliche Beschlussfassung über das Fällen einer Eiche auf Sondernutzungsfläche
  2. Kostenverteilung in Auslegung der Gemeinschaftsordnung zulasten aller Eigentümer als Maßnahme gemeinschaftlicher Verwaltung
 

Normenkette

§§ 10, 25 WEG

 

Kommentar

  1. Die Gemeinschaft hatte das Fällen einer Eiche auf sondergenutzter Gartenfläche beschlossen. Von einer Eigentümerseite wurde dieser Beschluss hinsichtlich der Kostenbelastung aller Eigentümer unter Hinweis auf die Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung angefochten; dort war geregelt, dass "Instandhaltung und Instandsetzung der Sondernutzungsflächen dem Berechtigten auf seine Kosten oblägen". Die Anfechtungsklage wurde abgewiesen.
  2. Die Entscheidung über das Fällen des Baums oblag der Gemeinschaft. Ist hinsichtlich der Kostentragung vereinbart, dass Instandhaltungen und Instandsetzungen der Sondernutzungsfläche dem Sondernutzungsberechtigten obliegen, sind nach Wortlautauslegung hierunter nur normale Pflegemaßnahmen zu verstehen, wie etwa Rasenmähen, Heckenschneiden und das Pflanzen bzw. Entfernen kleinerer Strauchgehölze. Das Fällen eines großen, die Anlage prägenden Baums ist hingegen schwerlich unter die Begriffe Instandsetzung oder Instandhaltung zu fassen. Vergleichbar ist die Maßnahme einer baulichen Veränderung, etwa des Baus oder der Entfernung eines Schuppens. Hinsichtlich der Bedeutung großer Bäume für das Gesamtbild einer gemeinschaftlichen Gartenanlage ist es auch sinnvoll, dass hier die Eigentümer das Fällen großer Bäume in Ausübung gemeinschaftlicher Verwaltung beschließen; damit korrespondiert auch die Tatsache, dass eine etwaige Fällgenehmigung auch nur von der Gemeinschaft beantragt werden kann.
Anmerkung

Die Auslegung der hier getroffenen Kostenverteilung zulasten eines Sondernutzungsberechtigten hinsichtlich "Instandhaltung" und auch "Instandsetzung" ist natürlich diskussionswürdig, da eine solche Fällentscheidung durchaus auch als "Instandsetzungsmaßnahme" gewertet werden könnte. Leider lässt der Sachverhalt nicht erkennen, warum die Gemeinschaft überhaupt das Fällen einer solchen, u.U. gesunden großen ("prägenden") Eiche beschlossen hatte und auch im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung beschließen konnte. In materiell-rechtlicher Hinsicht erachte ich einen solchen Beschluss nur dann als ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend, wenn der Baum etwa windbruchgefährdet oder von ansteckendem Ungeziefer befallen sein sollte; berechtigtes Fällen könnte sich auch durch bausubstanzgefährdendes Wurzelwerk ergeben. Offensichtlich wurde im Verfahren die Beschlussanfechtung nur zum Thema entsprechender Kostenverteilung begründet.

Insoweit kann man auch sicher nicht von baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums sprechen (mangels Eingriffs in eine Baulichkeit), vielmehr im Rahmen eines solchen Fällbeschlusses von etwaigen Rücksichtnahmepflichtverstößen unter Eigentümern im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG, was vorliegend offensichtlich jedoch nicht entscheidungserheblich zu klären war. Von nachteiliger baulicher Veränderung und Zustimmungspflicht aller Eigentümer ging allerdings jüngst das Landgericht Hamburg im Urteil v. 29.5.2013 (218 S 5/13) aus.

Zu dieser "Entscheidung des Monats" im Haufe-Verwalterbrief November 2013 darf ich auf meine allgemeinen Anmerkungen über Baumpflegemaßnahmen oder gar beabsichtigte Fällaktionen auf einem WEG-Grundstück ergänzend verweisen.

 

Link zur Entscheidung

LG Lüneburg, Urteil vom 30.04.2013, 5 S 111/12

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