1 Vergütung nach Zeitabschnitten

Die allgemeine Auslegungsregel des § 271 BGB wird für die Fälligkeit der Vergütung im Arbeitsrecht durch § 614 BGB im Sinne einer Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers modifiziert; angesichts der Vielzahl von abweichenden individual-, tarifvertraglichen und betriebsverfassungsrechtlichen[1] Regelungen ist die Bedeutung der Vorschrift gering. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten (z. B. Tagen, Wochen, Monaten) bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten. Der Arbeitgeber kommt aufgrund der kalendermäßig bestimmten Leistungszeit ohne Mahnung in Verzug. Dies gilt auch bei einer erkennbar unwirksamen Kündigung. Ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers entsteht erst bei Nichterfüllung eines fälligen Lohnanspruchs.[2]

2 Fälligkeit nach dem Mindestlohngesetz

Für die Fälligkeit des Anspruchs auf den Mindestlohn nach dem MiLoG kommt es nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MiLoG vorrangig auf die arbeitsvertraglich, u. U. tarifvertraglich vereinbarte Fälligkeit des allgemeinen Lohnzahlungsanspruchs an. Dabei ist unbeachtlich, ob die Vertragsparteien diesen als "Mindestlohn" ausdrücklich bezeichnet haben oder nicht. Fehlt es an einer dementsprechenden Regelung, ist der Mindestlohn spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats fällig, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Bezugspunkt sind dabei die Bankarbeitstage in Frankfurt am Main.[1] Sofern arbeitsvertraglich ein noch späterer Fälligkeitszeitpunkt vereinbart ist (selten), ist zumindest der Mindestlohnanteil am Gesamtlohn früher fällig – faktisch dürfte sich das MiLoG damit im Sinne einer vorgezogenen Auszahlung des Gesamtlohns auswirken.

Werden Überstunden auf einem Arbeitszeitkonto erfasst, hat der Ausgleich spätestens innerhalb von 12 Kalendermonaten nach der monatlichen Erfassung zu erfolgen. Die auf dem Arbeitszeitkonto erfassten Stunden dürfen monatlich 50 % der vertraglich vereinbarten Regelarbeitszeit nicht übersteigen.[2] Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Ausgleich bis zum Ende des auf die Beendigung folgenden Kalendermonats zu erfolgen.[3]

3 Vorschüsse und Abschlagszahlungen

Vorschüsse und Abschlagszahlungen vor Fälligkeit erfordern grundsätzlich eine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung, die in der Regel anzunehmen ist bei Aufwandsentschädigungen und Spesen, aus Gründen der Fürsorgepflicht oder bei Notfällen. Die auf diese Weise vorweggenommene Entgelttilgung kann mit der nächsten Lohnabrechnung ohne weitere Aufrechnungserklärung verrechnet werden.[1]

4 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Die Fälligkeit der Vergütung wird bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht etwa auf den Zeitpunkt der Beendigung vorgerückt, insbesondere nicht für Weihnachtsgratifikationen[1], Jahresabschlussvergütungen oder Treueprämien.[2] Ein Abfindungsanspruch ist erst mit dem tatsächlichen Ausscheiden, nicht schon mit Ausspruch der Kündigung fällig.[3] Tantiemen werden unabhängig vom Bestand des Arbeitsverhältnisses erst mit Bilanzerstellung fällig.

5 Fälligkeit und Ausschlussfristen

Die Fälligkeit ist oftmals Anknüpfungspunkt für den Lauf von Ausschlussfristen. Angesichts teilweise sehr kurzer Fristläufe bestimmt die Rechtsprechung die Fälligkeit "ausschlussfristbezogen": danach muss der Anspruch rechtlich und tatsächlich geltend gemacht werden können. Dabei erfordert die tatsächliche Geltendmachung, dass der Arbeitnehmer die Anspruchshöhe beziffern kann. So läuft die Ausschlussfrist trotz rechtlicher Fälligkeit nicht, solange der Arbeitgeber seiner Abrechnungspflicht nicht nachgekommen ist.[1] Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird der Anspruch auf Nachteilsausgleich auch dann fällig, wenn noch über die Wirksamkeit der Kündigung gestritten wird.[2]

[2] BAG, Urteil v. 3.8.1982, 1 AZR 77/81.

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