Leitsatz
Wird eine Personalentscheidung gegenüber dem Arbeitnehmer unzutreffend begründet, kann dies ein Indiz für eine Diskriminierung sein.
Sachverhalt
Eine türkischstämmige Arbeitnehmerin wurde befristet für die Zeit vom 1.2.2008 bis 31.1.2010 als Sachbearbeiterin beschäftigt. Im September 2009 teilte der Arbeitgeber ihr mit, dass eine Verlängerung oder Entfristung des Arbeitsverhältnisses nicht erfolgen werde. Die Arbeitnehmerin fühlte sich wegen ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert und wies gegenüber dem Arbeitgeber auf den insgesamt geringen Anteil von Beschäftigten nichtdeutscher Herkunft hin. Der Arbeitgeber wies diesen Vorwurf zurück und lehnte weitere Begründungen ab. Das der Arbeitnehmerin erteilte Arbeitszeugnis enthielt die Leistungsbeurteilung "zu unserer vollsten Zufriedenheit". Die Arbeitnehmerin verklagte den Arbeitgeber auf Entschädigung wegen ethnischer Diskriminierung. Der Arbeitgeber verteidigte sich mit dem Argument, die Befristung sei wegen der nicht genügenden Arbeitsleistung ausgelaufen. Dies hielt die Klägerin wegen des Widerspruchs zum Arbeitszeugnis wiederum für ein Diskriminierungsindiz.
Das BAG gab der Arbeitnehmerin dem Grunde nach Recht, hat die Sache aber zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen. Jedenfalls kann eine falsche Auskunft über die Gründe für die Nichtverlängerung des befristeten Arbeitsvertrags Indiz für eine Diskriminierung sein. Nach Ansicht des BAG ist aufzuklären, ob der Widerspruch zwischen der Begründung der verweigerten Entfristung und dem Arbeitszeugnis damit zu erklären ist, dass entweder die Auskunft falsch war oder aber das Arbeitszeugnis. Danach kann entschieden werden, ob ein Diskriminierungsindiz vorliegt.
Hinweis
Die Entscheidung bringt weitere Rechtsunsicherheit für Arbeitgeber im Auskunftsverhalten gegenüber angeblich Diskriminierten. Die Frage ob überhaupt Auskünfte und Begründungen erfolgen sollten, war erst kürzlich Gegenstand der Entscheidung "Meister" des EuGH. Ergebnis: Es besteht zwar keine Auskunftspflicht, aber die vollständige Verweigerung von Auskünften kann ein Indiz für eine Diskriminierung sein.
Im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber – insoweit konsequent – erst im Prozess Auskunft dahingehend gegeben, dass Leistungsmängel der Grund für nachteilige Behandlung der Arbeitnehmerin waren. Damit war aber das erteilte Arbeitszeugnis nicht zu vereinbaren. Jetzt besteht die Gefahr, dass diese Auskunft als unzutreffend indiziell für eine Diskriminierung spricht. Andererseits kommen Arbeitgeber gerade beim Arbeitszeugnis häufig streitbaren Arbeitnehmern entgegen. Dies könnte sich hier für den Arbeitgeber noch rächen. Es kann künftig daher Arbeitgebern nur geraten werden, etwaige Auskünfte über die Gründe einer Personalentscheidung mit dem übrigen Verhalten zu harmonisieren.
Indizien im Diskriminierungsprozess: Nach § 22 AGG ist es zunächst ausreichend, dass der sich diskriminiert Fühlende Indizien beweist, die eine Diskriminierung vermuten lassen. Gelingt dies, muss der Arbeitgeber beweisen, dass kein AGG-Verstoß vorliegt. Indizien sind alle Tatsachen, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass eine Diskriminierung vorliegt. Beispiele für klar geeignete Indizien: Eine diskriminierende Stellenanzeige, unzulässige Fragen oder negative Auskünfte über die Bewerbungschancen.
Link zur Entscheidung
BAG, Urteil vom 21.06.2012, 8 AZR 364/11.