Leitsatz
1. Bewußt wahrheitswidrige Angaben des Mietinteressenten auf berechtigte Fragen des Vermieters zur Solvenz des Mietinteressenten, können die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung oder die fristlose Kündigung begründen.
2. Die fristlose Kündigung setzt voraus, daß die Fortsetzung des Mietvertrages für den Vermieter im Einzelfall unzumutbar ist. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung kann nach überlassung der Wohnung nicht mehr erklärt werden.
Sachverhalt
Die Mieter hatten in der Vergangenheit zweimal eidesstattliche Versicherungen abgegeben. Der Vorvermieter hatte wegen Zahlungsrückstandes gekündigt. Dennoch gaben die Mieter auf die Fragen der Vermieterin wahrheitswidrig an, daß gegen sie in den letzten fünf Jahren keine Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet wurden und die vermieterseitige Kündigung des letzten Mietverhältnisses auf persönliche Differenzen zurückzuführen sei. Nachdem die Vermieterin von der falschen Auskunft erfahren hatte, kündigte sie fristlos und verlangt nun Räumung und Herausgabe der Mieträume. Die Mieter hatten 1997 die Miete gemindert, ansonsten aber inzwischen mehr als zwei Jahre lang ordnungsgemäß bezahlt.
Entscheidung
1. Die Vermieterin kann Räumung und Herausgabe der Mieträume nicht verlangen. Die Kündigung war unwirksam, da sich die Vermieterin nicht auf einen Kündigungsgrund berufen konnte. Zwar kann ein Mietverhältnis über Räume fristlos gekündigt werden, wenn ein Vertragsteil schuldhaft in solchem Maße seine Verpflichtungen verletzt, daß dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werde kann (§ 554a BGB). Indem die Mieter wahrheitswidrige Selbstauskunft bezüglich ihrer Vermögensverhältnisse erteilt hatten, verletzten ihre sie vertragliche Pflichten zwar gravierend. Die Fragen der Vermieter waren nämlich nicht unzulässig, gaben den Mietern also nicht das Recht, diese falsch zu beantworten. Dabei ist nicht von Bedeutung, daß die Pflichtverletzung vor dem Vertragsschluß erfolgte. Die Falschauskünfte der Mieter haben sich aber nicht dahingehend ausgewirkt, daß die berechtigten Interessen der Vermieterin an regelmäßigen Zahlungseingängen beeinträchtigt worden wären oder in Zukunft beeinträchtigt sein könnten. Die Mietminderungen im Jahre 1997 waren nicht Ausdruck eines treuwidrigen Verhaltens oder einer generellen Zahlungsunwilligkeit oder -unfähigkeit der Mieter. Auch die Verbindlichkeiten gegenüber dem Vorvermieter gefährdeten die Zahlungsinteressen der Vermieterin nicht. Falschauskünfte können zwar die Vertrauensgrundlage eines Mietverhältnisses beeinträchtigen. Diese führte hier angesichts der regelmäßigen Zahlungen aber nicht dazu, daß die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar wurde.
2. Trotz der arglistigen Täuschung durch die Mieter konnte die Vermieterin den Mietvertrag nicht mehr anfechten, nachdem die Mieträume übergeben worden waren, das Mietverhältnis also vollzogen wurde.
Link zur Entscheidung
LG Wuppertal, Urteil vom 17.11.1998, 16 S 149/98
Fazit:
Die Entscheidung zeigt, daß das Wohnraummietrecht hohe Anforderungen an die Beendbarkeit eines Mietverhältnisses durch den Vermieter stellt. Fragebögen, die die Mietinteressenten "durchleuchten" sollen, sind nur insoweit zulässig, als es sich um Fragen handelt, die für den Vermieter von maßgeblichem Interesse sind. Kein Mieter ist z.B. verpflichtet, dem Vermieter zu offenbaren, daß er wegen Geistesschwäche unter Betreuung steht. Fragen nach den Einkommensverhältnissen sind zulässig. Ist der Mieter jedoch in die Wohnung eingezogen und zahlt er seine Miete vertragsgemäß, darf der Vermieter wegen dieser falschen Auskunft aber nicht kündigen.