Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Fragen der funktionalen Zuständigkeit des Gerichts bei Inanspruchnahme des in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für einen Zeitraum, in dem die Parteien noch keine endgültige und umfassende Einigung über die Nutzung der Ehewohnung getroffen hatten.
Sachverhalt
Der Antragsteller begehrte von der Antragsgegnerin Nutzungsentschädigung für die Weiternutzung des in seinem Alleineigentum stehenden - von den Parteien als Ehewohnung genutzten - Einfamilienhauses nach der Ehescheidung am 13.9.2006.
Er hatte zunächst beim AG Steinfurt einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt und angekündigt, dass er nach Bewilligung von PKH beantragen werde, ihm das in seinem Alleineigentum stehende Einfamilienhaus zur alleinigen Nutzung zuzuweisen, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Immobilie zu räumen und an ihn eine Nutzungsentschädigung für die Zeit ab 1. des auf die Rechtskraft der Ehescheidung folgenden Monats bis zu ihrem Auszug zu zahlen.
Über das Prozesskostenhilfegesuch wurde zunächst nicht entschieden.
Das AG Steinfurt hat das bei ihm anhängig gemachte Verfahren nach Anhörung der Parteien formlos an die allgemeine Zivilabteilung abgegeben. Diese hat die Sache nach Anhörung des Antragstellers an das LG Münster verwiesen, das sich nach Anhörung der Parteien für unzuständig erklärte und die Sache gemäß § 281 ZPO an das AG Steinfurt verwiesen hat, das wiederum die Übernahme ablehnte und die Akten dem OLG übersandte.
Entscheidung
Das OLG hielt die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO für gegeben, nachdem sich sowohl das LG Münster als auch das AG Steinfurt durch begründeten und den Parteien zugestellten Beschluss für unzuständig erklärten hatten. Dem stehe auch nicht entgegen, dass das zugrunde liegende Verfahren bislang nicht rechtshängig geworden sei, weil ein Hauptsacheantrag noch nicht gestellt und über den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers noch nicht entschieden worden sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sei die Vorschrift des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO auch auf Verfahren im Prozesskostenhilfeprüfungsstadium entsprechend anzuwenden (vgl. OLG Hamm FamRZ 1989, 641). Das OLG hielt das AG - FamG - Steinfurt für sachlich und funktional zuständig. Seine Bestimmung als für die Entscheidung in der Hauptsache zuständiges Gericht sei weder durch die Bitte um Übernahme seitens der Familienabteilung noch durch den Verweisungsbeschluss der allgemeinen Zivilabteilung gehindert. Auch das LG sei durch den Verweisungsbeschluss der allgemeinen Zivilabteilung des AG nicht daran gehindert gewesen, die Sache schon im Prozesskostenhilfeverfahren an die Familienabteilung des AG zurückzuverweisen.
Das FamG sei für alle Verfahren über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats zuständig. Um ein solches Verfahren handele es sich bei dem vom Antragsteller anhängig gemachten Begehren auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Ehewohnung der Parteien.
Die Beantwortung der Frage, ob ein Verfahren die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung zum Inhalt habe oder ob es sich um eine nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts zu entscheidende Sache handele, für die die funktionale Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichte gegeben sei, hänge vom Inhalt der Antragstellung und der Art des geltend gemachten Anspruchs ab (vgl. BGH FamRZ 1988, 1035 f.; OLG Brandenburg FamRZ 2006, 1392 f.).
Ursprünglich habe es sich bei dem mit dem Prozesskostenhilfeantrag verbundenen Antrag auf Wohnungszuweisung und Verurteilung der Antragsgegnerin zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung um einen Antrag auf Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung nach § 1 Abs. 1 HausratsVO gehandelt. Dem stehe nicht entgegen, dass die Ehe der Parteien im Zeitpunkt der Antragstellung bereits geschieden gewesen sei, da ein Verfahren auf Zuweisung der Ehewohnung nach der HausratsVO auch nach rechtskräftiger Scheidung als selbständiges FGG-Verfahren betrieben werden könne (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 67. A., Anh. zu §§ 1361a, 1361b, Einleitung Rz. 4).
Durch den Auszug der Antragsgegnerin aus der Ehewohnung und Umstellung des Prozesskostenhilfeantrages auf Nutzungsentschädigung für einen vergangenen Zeitraum habe sich hinsichtlich der Anwendung der Vorschriften über die HausratsVO keine Änderung ergeben.
Zwar sei nach § 1 HausratsVO die Entscheidungsbefugnis des FamGs nicht mehr gegeben, wenn sich die geschiedenen Ehegatten über die Nutzung der Ehewohnung geeinigt hätten. Hieran fehle es jedenfalls für die Zeit, für die der Antragsteller Nutzungsentschädigung verlange, zumal die Parteien sich bis zum Auszug der Antragsgegnerin aus der Ehewohnung um die Berechtigung der Nutzung derselben gestritten hätten.
Der freiwillige Auszug eines Ehegatten führe auch nicht dazu, dass der Streit der Parteien um die Berechtigung an der Ehewohnung für die Vergangenheit erledigt sei. Er setze sich vielmehr in dem Streit um die Nutzung...