1 Leitsatz
Die fehlerhafte Verteilung von einzelnen Kosten (hier: der Heizkosten) führt dazu, dass der gesamte Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG für ungültig zu erklären ist.
2 Normenkette
§ 28 Abs. 2 Satz 1 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K geht gegen den Beschluss vor, mit dem die Wohnungseigentümer die Jahresabrechnung genehmigt haben (es gilt noch altes Recht). Er rügt, die Kosten für Wärme seien nach Quadratmetern und der Wasserverbrauch nach Personenzahlen abgerechnet worden. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer räumt das ein. Es gebe tatsächlich keine Ausstattung, den Verbrauch zu messen.
4 Die Entscheidung
Die Klage hat Erfolg! Die HeizkostenV sei anwendbar: Die B habe nämlich nicht die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) HeizkostenV bewiesen. Die Verteilung der Heizkosten entspreche aber nicht den Vorgaben der HeizkostenV. Gem. §§ 9a Abs. 2, 7 Abs. 1 Satz 5, 8 Abs. 1 HeizkostenV seien in einem solchen Fall die Kosten der Wärmeversorgung nach der Wohn- oder Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum bzw. nach der Wohn- oder Nutzfläche oder dem umbauten Raum der beheizten Räume und die Kosten der Warmwasserversorgung nach der Wohn- oder Nutzfläche unter den betroffenen Eigentümern zu verteilen. Dies sei nicht geschehen.
Die fehlerhafte Verteilung habe zur Folge, dass die Beschlüsse insgesamt für ungültig zu erklären seien. Zwar werde vertreten, dass bei einer fehlerhaften Umlage lediglich einzelner Kostenpositionen der Beschluss gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG nur im Umfang dieser Kostenposition für ungültig zu erklären sei. Dem sei aber nicht zu folgen. Die Wohnungseigentümer beschlössen nicht die Jahresabrechnung als Rechenwerk und ihre einzelnen Bestandteile. Daher sei die Verteilung einzelner Kosten nicht mehr Gegenstand der Beschlussfassung, sondern diene allein der Ermittlung, in welchem Umfang durch die einzelnen Wohnungseigentümer Nachschüsse zu leisten oder die Vorschüsse anzupassen seien. Es könne auch nicht angenommen werden, dass die Wohnungseigentümer die Beschlüsse auch ohne Berücksichtigung der entstandenen Kosten für Heizung und Wasser/Kanal bei der Berechnung des Umfangs, in dem die Vorschüsse anzupassen bzw. Nachschüsse einzufordern seien, gefasst hätten.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall, den wir auf die wesentlichen Inhalte reduziert haben, geht es u. a. um die Frage, ob der Mangel in Bezug auf nur eine Kostenposition den vollständigen Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG zu Fall bringen kann.
Aufhebung des gesamten Beschlusses wegen fehlerhafter Einzelpositionen
Das LG meint, die fehlerhafte Verteilung einzelner Kosten führe dazu, dass der ganze Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG für ungültig zu erklären sei. Diese Sichtweise ist allerdings streitig. Nach hier vertretener Ansicht kann das Gericht die Position benennen, die im Zusammenhang mit § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG für ungültig erklärt wird. Dann kann der Beschluss im Übrigen erhalten bleiben.
Vorschlag: "Der Beschluss zu TOP 2 der Versammlung vom … der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer … wird für ungültig erklärt, soweit es um die Forderungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen die Wohnungseigentümer in Bezug auf Wärme und Warmwasser bzw. Wasser/Kanal geht".
Für diese Lösung spricht neben dogmatischen Überlegungen vor allem der Wille der Wohnungseigentümer und das Interesse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Denn ansonsten müssen sie vollständig neu beschließen.
Im Übrigen: Anwendung der HeizkostenV auf Etagenheizungen
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 HeizkostenV regelt die Verteilung der Kosten des Betriebs zentraler Heizungsanlagen und zentraler Warmwasserversorgungsanlagen auf die Nutzer der mit Wärme oder Warmwasser versorgten Räume. Unter einer zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlage sind Anlagen zu verstehen, die der gemeinsamen Versorgung mehrerer selbstständiger Nutzeinheiten mit Wärme und Warmwasser dienen. Ob die Anlage allen selbstständigen Nutzeinheiten eines Gebäudes oder nur einem Teil dient, ist unerheblich, solange eine Mehrzahl von Nutzern versorgt wird.
Dem Anwendungsbereich der HeizkostenV unterfallen daher auch, wie im Fall, Etagenheizungen, soweit sie der raumübergreifenden gemeinschaftlichen Versorgung mehrerer Nutzer dienen. Wenn ein Nutzer beispielsweise isoliert über Gasflaschen (Flüssiggas) mit Wärme und Warmwasser versorgt wird, gilt die HeizkostenV hingegen nicht.
6 Entscheidung
LG München I, Urteil v. 13.7.2022, 1 S 2338/22 WEG